Einen Einbruch erlebte bei der Gemeinderatswahl in Wien die Wahlbeteiligung. Mit der Auszählung von rund 300.000 Briefwahlstimmen wird sie gegenüber dem Urnen-Ergebnis vom Sonntag zwar deutlich steigen. Aber über 65 Prozent wird sie nicht kommen - also um mindestens zehn Prozentpunkte schrumpfen. Damit wird es weit mehr Nichtwähler geben als die SPÖ Stimmen hat. Der Grund dafür ist nicht nur die Corona-Pandemie, sondern auch, dass viele FPÖ-Wähler diesmal zu Hause blieben.

Angesichts der Rekordzahl an Wahlkarten wird es zumindest bis Dienstag dauern bis die kompletten Ergebnisse vorliegen, aber auch für Mittwoch wurde organisatorisch schon vorgesorgt. Die Spannung ist allerdings nicht mehr groß, sehr viel ändern dürften sich an den Machtverhältnissen nicht mehr.

Nur ein Bezirk könnte - auf Gemeinderatsebene - noch umgefärbt werden: In der Inneren Stadt lag bei den Urnenwählern die SPÖ knapp vor der ÖVP, das dürfte sich laut den Hochrechnern noch ändern.

Im Sonntag veröffentlichten vorläufigen Gemeinderats-Endergebnis ohne Briefwahl wurde die Beteiligung mit erschreckend niedrigen 36,9 Prozent ausgewiesen, nur etwas mehr als 418.000 Stimmen wurden in den Wahllokalen für die Gemeinderatswahl abgegeben. Wahlberechtigt waren heuer 1,133.010 Wiener für den Gemeinderat (und 1,362.789 Wiener und nichtösterreichische EU-Bürger für die Bezirksvertretungen).

Hier geht's zur Analyse des Wahlergebnisses von Michael Jungwirth.

Nichtwähler sind stärkste Partei

Da heuer aber rund 40 Prozent der Stimmen per Briefwahl abgegeben wurden - die erst ab Montag ausgezählt werden - wird die Beteiligung noch deutlich ansteigen. SORA erwartet letztlich rund 63 Prozent, die ARGE Wahlen um die 65 Prozent. Rund 710.000 insgesamt abgegebene Stimmen (SORA-Prognose) bedeuten, dass 423.000 Wiener nicht an der Gemeinderatswahl teilnahmen. Das sind weit mehr als die stärkste Partei, die SPÖ, Wähler zählen konnte. Das werden laut SORA rund 294.00 sein.

Mit 63 bis 65 Prozent landet die Wiener Wahlbeteiligung wieder da, wo sie vor rund 30 Jahren lag. Bei den vorigen beiden Wahlen gab es bemerkenswert hohe Zuwächse von jeweils sieben Prozentpunkte. Mit 2015 dann 74,7 Prozent war die Beteiligung in Wien hoch wie zuletzt vor 40 Jahren.

Immerhin: Kein Tiefststand

Vor fünf Jahren hatte die Flüchtlingskrise eine starke Polarisierung und damit auch Mobilisierung der Wähler bewirkt. Das zeigte sich auch in Oberösterreich, wo die ohnehin Top-Beteiligung noch anwuchs, auf 81,63 Prozent. Das ist immer noch der aktuelle Rekordwert. Immer noch über 70 Prozent - 74,94 Prozent - hielt sich die Beteiligung im Jänner im Burgenland. In allen anderen Bundesländern nahmen, so wie jetzt in Wien, an den vorigen Landtagswahlen keine 70 Prozent mehr teil. Schlusslicht ist Tirol mit genau 60,00 Prozent.

Das droht in Wien allerdings nicht - und somit auch nicht der historische Tiefststand. Den gab es 2005 mit 60,81 Prozent.