Im türkis-blauen Programm kam der Rechnungshof zweimal vor, bei Türkis-Grün neunmal. Sie müssten jubeln?
MARGIT KRAKER: Mein Maßstab ist, wie man mit der Kontrolle umgeht. Dass die neue Regierung die Kontrollrechte ausbauen und ernsthafte Reformen beim Thema Transparenz durchbringen will, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Eine bessere Kontrolle führt zu einer besseren politischen Kultur.

Die Pläne über gläserne Parteikassen sind nicht sehr konkret. Was sind ihre Vorstellungen?
Enthalten sind einige Punkte zu den Prüfrechten des Rechnungshofs, etwa, dass wir direkt in die Unterlagen der Parteien Einblick nehmen können. Das muss drinnen bleiben. Darum haben wir gekämpft, weil wir in der Vergangenheit gerne bei nahezu allen Parteien genauer nachgesehen hätten. Der zweite wichtige Punkt: Die Rechenschaftsberichte der Parteien müssen aussagekräftiger, ausführlicher, detaillierter als bisher sein und auch Bilanzen enthalten. Wir werden uns im Begutachtungsverfahren in jedem Fall einbringen.

Wie oft ist es in der Vergangenheit vorgekommen, dass Sie Rechenschaftsberichte der Parteien bekommen habe, wo Ihnen etwas spanisch vorgekommen ist, Ihnen aber die Hände gebunden waren?
Oft, oft.

Bei allen Parteien?
2019 bei nahezu allen Parteien. Wir konnten bisher schon Meldungen an den Transparenzsenat machen, künftig fallen diese dann viel fundierter aus.

Was soll künftig anders sein – im Unterschied zum Staus quo?
Wenn wir Anhaltspunkte hatten, konnten wir bei den Parteien eine Stellungnahme einholen. Die konnten wir dann glauben oder nicht glauben. Künftig hat der Rechnungshof die Möglichkeit, selbst nachzuschauen. Die Anhaltspunkte können vielfältig sein. Sie können sich aus dem Bericht oder aus anderen Unterlagen ergeben.

Wer entscheidet, ob sie Einblick nehmen? Im Regierungsprogramm ist von „konkreten Anhaltspunkten“ die Rede?
Das ist die Aufgabe des Rechnungshofs. Wer soll die Bestimmungen interpretieren, wenn nicht der Rechnungshof? Wir wollen direkt in das Rechnungswesen Einschau halten können, wie es bei jeder anderen Prüfung auch der Fall ist.

Wann sollte das Gesetz das Licht der Welt erblicken?
Niemand hindert die Regierung, das Thema so schnell wie möglich in Angriff zu nehmen. Die Gesetzesentwürfe könnte man bereits im ersten Quartal, im Frühjahr vorlegen. Wenn man die Frage der Transparenz einmal auf ordentliche Beine gestellt hat, kann sich die Regierung allen Zukunftsfragen zuwenden. Transparenz ist die Grundlage unsere Demokratie.

Von Sanktionen bei Verstößen ist im Regierungsprogramm nicht die Rede?
Sanktionen durch den Rechnungshof sind wir in Österreich noch nicht gewohnt, deshalb wurde das vielleicht nicht aufgegriffen. Positiv ist, dass die Sanktionen, die der Parteien-Transparenz-Senat verhängt, noch einmal verschärft werden sollen. Wobei unsere stärkste Sanktionsmöglichkeit ohnehin die Öffentlichkeit ist.

Zuletzt hat der Transparenzsenat über die ÖVP eine Strafe von 880.000 Euro verhängt, wegen eines Vergehens aus 2017. Dauert das nicht zu lange?
Ja, das stimmt. Wir haben im Rechnungshof bereits Prüfer zusammengezogen, damit wir für die neuen und zusätzlichen Aufgaben gut aufgestellt sind. Der andere Punkt ist: Wann kommt der Rechenschaftsbericht? Auch wenn die Rechenschaftsberichte der Parteien zukünftig wesentlich umfangreicher sein müssen, wären kürzere Fristen sinnvoll. Denn Sanktionen wirken nur, wenn sie zeitnah sind.

Braucht der Rechnungshof mehr Ressourcen?
Das liegt auf der Hand, aber ich will nicht in der Öffentlichkeit meinen Budgetbedarf beziffern. Wir verlangen sicher nichts Unmäßiges,. Wenn man den Rechnungshof als ordentliche Kontrollinstanz haben will, dann brauchen wir auch Mittel.

Das Regierungsprogramm enthält eine alte Forderung: dass der Rechnungshof künftig auch staatsnahe Unternehmen prüfen darf, wenn der Bund nur zu 25 Prozent beteiligt ist (derzeit sind es 50 Prozent). Ausgenommen sind börsennotierte Unternehmen?
Die Senkung der Grenze auf 25 Prozent halte ich für einen wichtigen Schritt. Immerhin geht es hier um öffentliche Gelder. Die Pensionskassen oder einzelne Kuranstalten können nun geprüft werden. Bei den börsennotierten Unternehmen muss man darüber nachdenken, infrastrukturkritische Unternehmen prüfen zu dürfen. Etwa den Flughafen in Wien. Da gibt es mit Sicherheit ein öffentliches Interesse. Da wäre mehr möglich.

Sie haben einst angedeutet, dass Sie an einem großen Bericht über die Pflege arbeiten. Was darf man sich erwarten?
Die Pflege ist ein Thema, dem man sich dringend annehmen muss. Wir sind gerade dabei, eine umfassende Prüfung, die wir quer durch Österreich vorgenommen haben, abzuschließen. Der Bericht liefert einen guten Überblick über das komplexe, sehr heterogene System, das sich über die Jahre entwickelt hat. Der Sozialminister will sich der Frage annehmen, wir legen dazu eine, wie ich meine, gute Arbeitsgrundlage vor.

Was steht drinnen? Wann wollen Sie den Bericht vorlegen?
In den nächsten Wochen. Zu den Inhalten will ich nicht nichts sagen, aber unsere Bestandserhebung ist eine gute Grundlage für eine seriöse Debatte. Die Pflege hat sich von einer privaten zu einer öffentlichen Aufgabe hin entwickelt. Deshalb hoffe ich, dass die Regierung jetzt seriös an dieses Thema herangeht.

Was sind die großen Herausforderungen in dem Bereich?
Die Pflege ist ein Bereich, wo alle Akteure zusammenarbeiten. Die Bundesstellen übernehmen die Geld-, die Länder die Sachleistungen. Entscheidend ist, dass die Versorgung bedarfsgerecht, qualitativ hochstehend ist. Sie muss finanziert werden, es muss auch ein Kostenbewusstsein vorhanden sein.

Hatten Sie schon Termine bei Kanzler und Vizekanzler?
Wir haben uns schon informell getroffen. Mein Maßstab für die Regierung ist, wie sie mit der Kontrolle umgeht. Ich setze da auch große Hoffnungen in den Vizekanzler, er war früher immerhin Vorsitzender des Rechnungshofausschusses.