Nach der Erstürmung des US-Kapitols durch Anhänger von Donald Trump hat das Repräsentantenhaus ein erneutes Amtsenthebungsverfahren gegen den abgewählten Präsidenten eröffnet. Die Kongresskammer stimmte am Mittwoch mehrheitlich dafür, dass sich Trump im Senat wegen "Anstiftung zum Aufruhr" verantworten muss. Damit geht Trump in die Geschichte ein: Noch nie wurden gegen einen US-Präsidenten gleich zwei Amtsenthebungsverfahren eröffnet.

Bei der Abstimmung votierten am Mittwoch 232 Abgeordnete für ein Impeachment, darunter zehn Republikaner. 197 Abgeordnete stimmten gegen die Anklage im Zusammenhang mit der Erstürmung des Kapitols durch radikale Trump-Anhänger.

Bei dem Votum in der Kongresskammer wurde am Mittwoch die Schwelle von 217 Abgeordnetenstimmen überschritten. Bei dem Votum in der Kongresskammer stimmten auch mehrere republikanische Abgeordnete dafür, ihren Parteikollegen aus dem Amt zu entfernen. Hintergrund ist die Erstürmung des US-Kapitols durch Anhänger Trumps, für die der Präsident in der Impeachment-Resolution persönlich mitverantwortlich gemacht wird.

Die Demokraten warfen Trump vor, er habe die Ausschreitungen angezettelt, und bereiteten innerhalb weniger Tage ein Amtsenthebungsverfahren gegen ihn vor. In der Resolution zur Eröffnung des Verfahrens wird Trump als "eine Gefahr für die nationale Sicherheit, die Demokratie und die Verfassung" bezeichnet.

Trump muss sich nun einem Impeachment-Verfahren im Senat stellen. Die Entscheidung in einem Amtsenthebungsverfahren fällt immer in dieser Kongresskammer, die bei dem Prozedere die Rolle eines Gerichts einnimmt. Im Senat wäre eine Zweidrittelmehrheit nötig, um Trump am Ende zu verurteilen. Dafür müssten sich zahlreiche republikanische Senatoren auf die Seite der Demokraten schlagen. Ob es dazu kommen könnte, ist nach jetzigem Stand unklar. Auch der genaue Zeitplan für das weitere Prozedere ist offen.

Trump scheidet mit der Vereidigung seines demokratischen Nachfolgers Joe Biden am 20. Jänner automatisch aus dem Amt. Aller Voraussicht nach wird eine Entscheidung in dem Amtsenthebungsverfahren erst nach dem Ende von Trumps Amtszeit fallen.

Neben der Amtsenthebung sieht die Resolution auch vor, dass Trump für künftige Regierungsämter gesperrt werden soll. Damit würde ihm eine etwaige Präsidentschaftskandidatur 2024 verwehrt. Deswegen wäre das Impeachment-Verfahren mehr als ein symbolischer Schritt. Führende Demokraten hatten außerdem argumentiert, es sei wichtig, ein Beispiel zu setzen, um Trumps Vorgehen zu verurteilen und damit auch ähnlichen Verfehlungen künftiger Präsidenten vorzubeugen.

Ukraine-Affäre

Trump hatte in seiner Amtszeit bereits zuvor ein Amtsenthebungsverfahren über sich ergehen lassen müssen - als erst dritter Präsident in der Geschichte der Vereinigten Staaten. In dem ersten Verfahren musste er sich in der sogenannten Ukraine-Affäre wegen Machtmissbrauchs und der Behinderung von Kongressermittlungen verantworten. Im Februar 2020 wurde er am Ende jedoch von allen Vorwürfen freigesprochen - mit der Mehrheit seiner Republikaner in der Kammer. Seitdem haben sich jedoch einige Parteikollegen von ihm abgewandt. Die Krawalle am Kapitol hatten auch in den Reihen der Republikaner große Empörung ausgelöst.

YouTube entfernte hunderte Videos

YouTube hat laut Alphabet-Chef Sundar Pichai in den USA Hunderte Videos mit politischen Inhalten seit der Bestätigung des Wahlergebnisses in der vergangenen Woche von der Videoplattform entfernt. Dies gab Pichai am Mittwoch auf dem Digitalforum "Reuters Next" bekannt, ohne weitere Details zu nennen.

Im Anschluss an die Ausschreitungen im Kapitol sperrten Facebook und Twitter die Konten von Trump und nahmen ebenfalls Inhalte von ihren Plattformen herunter. In der Nacht zu Mittwoch folgte dann auch die Alphabet-Tochter YouTube. Sie kündigte an, den Trump-Kanal zu sperren und begründete dies mit der Anstiftung zu Gewalt nach dem Sturm auf das Kapitol. Während Twitter Trump komplett verbannt, gilt die Maßnahme von YouTube für sieben Tage. Pichai wollte sich nicht dazu äußern, ob die Sperre verlängert werden könnte. Die Entscheidungen würden aufgrund der Tätigkeiten auf der Plattform getroffen, sagte Pichai.