Erstmals seit der Wahl haben sich die Chefs von ÖVP und Grünen zum Auftakt der offiziellen Regierungsverhandlungen gemeinsam den Medien gestellt. Nach dem Vier-Augen-Gespräch der Vorsitzenden Sebastian Kurz (ÖVP) und Werner Kogler (Grüne) gaben sich beide verhalten optimistisch. Ins Rennen geschickt werden gleich 100 Verhandler.

Sechs verschiedene Hauptgruppen haben ÖVP und Grüne aufgestellt, die laut Kurz etliche Fachgruppen darunter haben werden. Einige davon werden sich bereits am Mittwoch am Rande des Plenums des Nationalrats absprechen.

Er und Kogler würden jedenfalls Zwischenergebnisse sichten und nach möglichen Verständigungen suchen. Wie viel Zeit die Gruppen haben werden, ließ der ÖVP-Chef offen. Eine entsprechende Vorgabe gebe es nur "in den Köpfen", wird also nicht öffentlich kommuniziert. Sehr wohl wollen die beiden der Öffentlichkeit dann und wann einmal Einblick in den Verlauf der Gespräche geben. Er habe "keine Sorge, dass wir zu wenig Kontakt haben werden", meinte der Altkanzler zum Auditorium.

Was die Erfolgschancen angeht, war Kogler derjenige, der eine Nuance optimistischer war. Die "Vermessung" in den Sondierungen habe ergeben, dass die Positionen in einzelnen Bereichen leichter und in anderen schwerer kompatibel seien, in keinem Feld aber unüberbrückbar erschienen. So gebe es kein Gebiet, wo es "nicht irgendeine Art der Überschneidung geben würde". Die große Kunst werde darin bestehen, wie man insgesamt einen Kompromiss finde.

Kurz, der wie üblich hervorhob, dass die FPÖ klar signalisiert habe, nicht für Verhandlungen zur Verfügung zu stehen, war noch etwas vager. In der Sondierungsphase habe er das Gefühl gehabt, dass wechselseitig mit Respekt für die Anliegen des anderen in die Gespräche gegangen worden sei. Der Austausch habe "sehr respektvoll" stattgefunden. Letztlich werde man aber erst am Ende sehen, "ob sich zwei sehr unterschiedliche Parteien auf ein Regierungsprogramm einigen können".

Die Teams der ÖVP und der Grünen für die Koalitionsverhandlungen stehen fest. Die Steuerungsgruppen in den Verhandlungen zur Bildung einer Regierung bleiben bei beiden Parteien die sechsköpfigen Sondierungsteams mit den Parteichefs Sebastian Kurz (ÖVP) und Werner Kogler (Grüne) an der Spitze. Für sechs weitere Gruppen wurde pro Partei ein Verantwortlicher genannt.

Sechs Themengruppen

Die Themen, die in den Koalitionsverhandlungen ab jetzt durchgenommen werden, haben die Parteien in sechs Gruppen eingeteilt. Die erste nennt sich "Staat, Gesellschaft und Transparenz" und wird aufseiten der Volkspartei von Wolfgang Sobotka, aufseiten der Grünen von Alma Zadic geleitet. Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer (ÖVP) und der Budgetexperte Josef Meichenitsch (Grüne) matchen sich im Bereich "Wirtschaft und Finanzen"

Die schwarze Ex-Umweltministerin Elisabeth Köstinger verhandelt mit der Öko-Expertin Leonore Gewessler den Themenblock "Klimaschutz, Umwelt, Infrastruktur und Landwirtschaft". In der Gruppe "Europa, Migration, Integration, Sicherheit" stehen einander ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer und der grüne Landesrat Rudi Anschober gegenüber.

Um "Soziale Sicherheit, neue Gerechtigkeit und Armutsbekämpfung" kümmern sich für die ÖVP Klubobmann August Wöginger und für die Grünen die Wiener Landesparteichefin Birgit Hebein. Ex-Ministerin Margarete Schramböck und die Grüne Sigi Maurer verhandeln den Bereich "Bildung, Wissenschaft, Forschung und Digitalisierung".

Wem Kurz und Kogler vertrauen

Dem türkisen Kernteam gehören die Ex-Minister Gernot Blümel, Elisabeth Köstinger, Margarete Schramböck sowie Klubobmann August Wöginger an. Immer dabei sind auch die allerengsten Berater des ÖVP-Chefs Stefan Steiner und Bernhard Bonelli, Kommunikationschef Gerald Fleischmann, die Pressesprecher Johannes Frischmann, Etienne Berchtold, Jochen Prüller und Rupert Reif sowie Bürochefin Lisa Wieser.

Als Minister sind Köstinger, Schramböck und womöglich als Finanzminister Blümel gesetzt, Hartwig Lögers Rückkehr wackelt.

Dem grünen Kernteam gehören Ex-Global-2000-Chefin Leonore Gewessler, Oberösterreichs grüner Landesrat Rudi Anschober, Wiens Vizebürgermeisterin Birgit Hebein  sowie Koglers früherer Bürochef Josef Meichenitsch angehören. Mit an Bord sind auch Dieter Brosz, Generalsekretär Thimo Fiesel und Pressesprecherin Gabi Zornig.

Seit Tagen wird über eine grüne Ministerliste spekuliert. Fix scheinen nur zwei Dinge zu sein, sofern Türkis-Grün gelingt: dass Kogler als Vizekanzler in die Regierung einzieht und dass die Grünen das Klima- und Umweltressort bekommen. Als  Minister werden Gewessler (Umwelt), Hebein (Soziales), Anschober sowie Lothar Lockl (beide Bildung) gehandelt. Ob Kogler ein Großressort (Außen, Umwelt, Soziales) übernimmt oder ein Kleinressort (Beamte), um sich nicht in seiner Vielfachrolle als Parteichef, Chefkoordinator und Fachminister zu verschleißen, ist offen.