Per Ergänzung des Strafrechts ist in Bosnien-Herzegowina ab sofort die Leugnung des Völkermords untersagt und strafbar. Eine entsprechende Entscheidung fällte am Freitag der scheidende internationale Bosnien-Beauftragten Valentin Inzko. Er hat Sonderbefugnisse, um derartige Beschlüsse zu fassen. Auf Genozidleugnung stehen Haftstrafen zwischen sechs Monaten und fünf Jahren.

Laut Dayton-Friedensabkommen von 1995 kann der internationale Bosnien-Beauftragte auch Gesetze erlassen. Das bosnische Parlament muss die Strafrechtsänderung noch bestätigen, meldete der Sender Free Europe. Das serbische Mitglied im bosnischen Staatspräsidium, Milorad Dodik, kritisierte die Entscheidung des Österreichers Inzko umgehend als "unbegründet". Er kündigte eine Sondersitzung des Parlamentes des serbischen Landesteils Bosniens, der Republika Srpska, zum Thema Genozidleugnung für die kommende Woche an.

In Srebrenica habe es keinen Völkermord gegeben, erklärte Dodik. Nach der Einnahme der damaligen Muslim-Enklave Srebrenica im Juli 1995 ermordeten bosnisch-serbische Truppen in einem Völkermord, auf den Inzkos Gesetzesänderung abzielt, rund 8.000 Männer und Buben.

Außenminister Alexander Schallenberg bedauerte am Freitag bei einem Besuch in Kroatien den Einsatz der als "Bonn Powers" bekannten Sonderbefugnisse des internationalen Bosnien-Beaufragten. "So sehr ich emotionell und gedanklich den Schritt verstehe, so sehr bedauere ich, dass so ein Schritt im 21. Jahrhundert überhaupt notwendig ist", sagte Schallenberg bei einer Pressekonferenz in Zagreb. Ziel müsse es sein, dass es die "Bonn Powers" in Zukunft nicht mehr gebe. "Es liegt aber letzten Endes an Bosnien-Herzegowina selber eine Situation zu schaffen, wo es nicht mehr einen internationalen Vertreter bräuchte, der solche Befugnisse hat", so der Außenminister.

Der kroatische Außenminister Gordan Grlic Radman bezeichnete die Anerkennung des Genozids als "Frage zivilisatorischer Werte". Er verwies darauf, dass Inzko am Ende seines Mandats sei und seine Sonderbefugnisse, auf die er ein Recht hatte, jahrelang nicht benutzt habe.

Sowohl das UNO-Tribunal für Kriegsverbrechen in Ex-Jugoslawien als auch der Internationale Gerichtshof (IGH) stufen die Massaker von Srebrenica in ihren Urteilen als Völkermord ein. Der Genozid gilt als das schwerste Kriegsverbrechen in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg. Der bosnisch-serbische General Ratko Mladic war unter anderem wegen der Gräueltaten in Srebrenica diesen Juni rechtskräftig zu lebenslanger Haft verurteilt worden.

Das Amt des Hohen Repräsentanten in Bosnien-Herzegowina übernimmt am 1. August der ehemalige deutsche Landwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU).