Herr Minister, unser Geld verliert so schnell an Wert wie seit Jahren nicht mehr, die Inflation liegt bei drei Prozent. Macht Sie das nervös?
GERNOT BLÜMEL: Nervosität vielleicht nicht, aber Vorsicht ist auf jeden Fall angebracht. Wenn die Inflation zu hoch wird, haben, alle, die Schulden haben, einen Vorteil, alle, die Erspartes haben, hingegen einen Nachteil. Ich komme aus einer Familie, wo mein Vater alleinverdienender Pflichtschullehrer war. Da gab es keine Investitionen in Immobilien. Da waren 10 bis 20.000 Euro am Sparbuch für das nächste Auto oder wenn die Waschmaschine kaputt ist. Für diese Leute ist es eine Katastrophe, wenn die Zinsen nicht mitwachsen und das Geld stattdessen immer weniger Wert wird.

Geldpolitik ist zunächst einmal eine Sache der Zentralbanken. Kann die Politik etwas tun, um den Wert des Geldes zu sichern?
Es besteht die Gefahr, dass die Notenbank durch politische Fakten nicht mehr so viel Handlungsspielraum hat wie davor. Wenn wir viele Staaten in der Eurozone haben, die weit über hundert Prozent Staatsverschuldung haben und sich ständig neu verschulden müssen, können sie sich höhere Zinsen de facto nicht leisten. Das ist ein Problem, eine Gefahr. Wir müssen auf EU-Ebene zu einer soliden Budgetierungspraxis zurückkehren.

Genau das haben Sie diese Woche gemeinsam mit sieben weiteren Finanzministern gefordert. Aber ist das denn ein realistisches Szenario, wenn man bedenkt, dass die nächsten großen Investitionen überfällig wären – etwa gegen die Klimakrise?
Gute Ideen zum Geldausgeben hat es immer schon gegeben und die wird es auch immer geben. Eine wesentliche Aufgabe jedes Finanzministers ist es, nicht allen guten Ideen gleich nachzugeben, sonst wird es budgetär irgendwann nicht mehr machbar. Die Schuldenquote in Europa muss sinken, damit wir auch für die nächste Krise Spielräume haben.

Ideen zum Geldausgeben gibt es ja auch bei uns. Der Bundeskanzler hat angekündigt, die ersten Einkommenssteuerstufen weiter zu senken, Familienbonus und Pensionen zu erhöhen. Woher soll das Geld dafür kommen?
Das sind Grundnotwendigkeiten, die wir finanzieren müssen. Deswegen ist eines der Ziele der kommenden Steuerreform, Leute, die arbeiten, möglichst stark zu entlasten.

Die Steuerreform wird über den CO2-Preis Energie teurer machen, die jetzt schon zu den größten Preistreibern zählt: Gas, Benzin, Diesel usw. Wird das die Inflation nicht noch weiter befeuern?
Das ist natürlich eine Möglichkeit. Entscheidend ist, wie schnell man mit dem CO2-Preis beginnt, wie hoch man hineingeht und wie schnell man ihn steigert. Im Übrigen ist die aktuelle Preissteigerung bei Öl und Gas nur eine Normalisierung in Folge der Krise.

Also startet die CO2-Bepreisung mit Anfang 2022?
Das liegt an der Frage wie man die Co2-Bepreisung macht. Sie muss intelligent und volkswirtschaftlich verträglich sein.

Was ist da Ihre Position?
Das ist Gegenstand von Verhandlungen.

Vizekanzler Werner Kogler hat gesagt, dass einem durchschnittlichen Haushalt unterm Strich mehr übrig bleiben wird. Steht das Versprechen?
Unterm Strich muss für arbeitende Menschen mehr herauskommen als davor. Es gibt zwei Teile, das eine ist die CO2-Bepreisung, um mittel- und langfristig Anreize zu setzen, sich umweltfreundlicher zu verhalten. Gleichzeitig haben wir gesagt, wir wollen die Abgabenquote senken, das ist überhaupt kein Widerspruch.

Wenn der Benzinpreis steigt, zahlen jene drauf, die viel mit dem Auto fahren. Das sind in Österreich vor allem Menschen, die das berufsbedingt brauchen. Braucht es für die eine besondere Kompensation für den CO2-Preis?
Wir haben immer gesagt, dass es unterschiedliche Betroffenheiten geben wird und dass der ländliche Raum berücksichtigt werden muss. Es kann nicht sein, dass jemand, der auf das Auto angewiesen ist, eine gleich hohe Kompensation aus der CO2-Bepreisung bekommt wie jemand, der vor einer U-Bahnstation wohnt. Das wäre absurd.

Wird es also eine Indexierung nach Öffi-Anbindung geben?
Auch das ist Gegenstand der Verhandlungen.

Die WKStA führt Sie noch immer noch als Beschuldigten. Heinz-Christian Strache ist in erster Instanz verurteilt worden. Macht Sie dieses Urteil nervös?
Nein, wieso?

Weil Beobachter sagten, die Argumentation der WkSta eine recht dünne Suppe war und die Richterin dieser Argumentation trotzdem gefolgt ist.
Ich bin kein Jurist. An dem, was mir vorgeworfen wird, ist nichts dran. Deswegen wird das die zuständige Behörde aufklären und ich gehe davon aus dann einstellen.

Bei allen Popularitäts- und Beliebtheitsrankings haben Sie momentan sehr schlechte Werte.
Nach der Berichterstattung der letzten Monate wäre alles andere auch eine Überraschung.

Der Kanzler hat am Parteitag in Verbindung mit seinem Beschuldigtenstatus gesagt, er habe sich ein paar Mal die Frage gestellt, ob er da, wo er ist, noch richtig ist. Haben Sie sich das auch gefragt?
Ich glaube, die Frage stellt man sich in jedem Job ab und zu. Aber ich hatte keine echten Zweifel, denn ich weiß, dass die Vorwürfe falsch sind.

Sie werden demnächst zum zweiten Mal Vater. Nehmen Sie sich diesmal eine Auszeit?
Nein. Ich glaube nicht, dass das als Finanzminister, gerade in so einer herausfordernden Situation, adäquat wäre.