"Was wir heute sagen können, ist: Ja, die türkis blaue Bundesregierung war käuflich." So lautet das Fazit von SPÖ-Fraktionsführer Kai Jan Krainer zum Ibiza-Untersuchungsausschuss. Nachdem zu Beginn die Freiheitlichen im Fokus gestanden seien, habe sich "das Bild vollkommen gedreht". Es habe sich herausgestellt, dass es die ÖVP gewesen sei, "die auf Du und Du mit dem Glücksspiel war" - und zwar noch bevor die FPÖ im Spiel war. Deshalb habe die Partei in den 20 Monaten des Ausschusses alles unternommen, um dessen Arbeit zu behindern.

Es habe sich ein "System Kurz" herauskristallisiert, das Krainer bei der Präsentation des roten Abschlussberichtes in acht Punkten skizziert:

  • Kontrolle: Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und sein Umfeld "bestimmen am Ende des Tages alles", so Krainer - von Generalsekretären bis hin zu Aufsichtsratsmitgliedern. "Und diese sind dann loyal zu dem, der sie dort hingesetzt hat." Das haben aus seiner Sicht die sichergestellten Chats gezeigt.

  • Türkise Familie: Wer zu eben dieser "Familie" gehört, "bekommt die volle Förderung"  und Schutz", erklärt Krainer. In einem "normalen" Staat wäre Thomas Schmid "nie ÖBAG-Chef geworden". 

  • Machtmissbrauch: Diesen "würde man so in einem Rechtsstaat nicht erwarten". Allein die von Kurz geforderte Druckausübung auf die Kirche sei "eigentlich als widerwärtig zu bezeichnen". So werde Macht missbraucht.

  • Abgehobenheit: Aus allen Chats sei ersichtlich, wie abgehoben die "Familie" agiere - Bsp. "reisen wie der Pöbel". Man sehe sich als "die da oben" an, im Gegensatz zu "jenen da unten".

  • Spenden: Diese seien im amerikanischen Stil gesammelt, gestückelt und verschoben worden, damit man diese nicht veröffentlichen muss. Auf die Interessen der Großspender wurden bei Gesetzesbeschlüssen dann "nicht vergessen".

  • Vermeintliche Unantastbarkeit: Kurz und sein Umfeld fühlen sich aus Sicht der SPÖ unantastbar, was sich bei der Schredder-Affäre und dem Verweigern von Aktenlieferungen gezeigt habe.

  • Trumpismus der ÖVP: Die Partei agiere wie Ex-US-Präsident Donald Trump mit "alternativen Fakten", persönlichen Beleidigungen und Spitznamen für den politischen Gegner.

  • Der Staat im Staat: Es haben sich laut SPÖ türkise Netzwerke gezeigt, die an rechtsstaatlichen Institutionen vorbei gearbeitet habe. Zudem sei versucht worden, diverse Ministerien und Einrichtungen zu unterwandern.

Hinsichtlich der FPÖ habe sich das Bild bestätigt, dass diese darauf fokussiert gewesen sei, Gesetze auf Bestellung zu liefern und Positionen mit ihren Günstlingen zu besetzten. Für Österreich seien die Rücktritte von Johann Gudenus und Heinz-Christian Strache kein Nachteil gewesen, sagt Krainer. "Aber es hätten auch noch einige andere ihrem Beispiel folgen können."

Sobotka-Vorsitz "indiskutabel"

Auch, wenn man durch "das Abdrehen des Ausschusses nicht fertiggeworden sei", werde sich die Justiz noch lange mit den Akten beschäftigen, sagt Krainer. Die SPÖ werde sich jedenfalls im September überlegen, wie es mit dem Ausschuss weitergehen soll.

Zwei Dinge wünsche er sich aber für künftige Ausschüsse: Live-Übertragungen von den Befragungen prominenter Auskunftspersonen und strengere Regeln für den Vorsitz. Die Vorsitzführung von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) sei "indiskutabel" gewesen, "das habe ich noch nie erlebt", so Krainer. Für die Zukunft des Landes wünscht sich der Fraktionsführer mehr Transparenz. "Das ist immer noch das beste Mittel gegen Korruption."