Die Hoffnung, dass in knapp zehn Tagen, am 25. Jänner, der Lockdown in Österreich beendet und die Rückkehr zur Normalität eingeläutet wird, hat sich wohl endgültig zerschlagen. Der Vormarsch der britischen Virus-Mutation in weiten Teilen Europas macht dem Vorhaben einen Strich durch die Rechnung.

Norbert Kreuzinger, Abwasserspezialist an der TU-Wien, bestätigt gegenüber der Kleinen Zeitung, dass höchst verdächtige Spurenelemente der infektiösen Corona-Variante am Dienstag bei einer Probe in der Wiener Hauptkläranlage gefunden worden ist. Ein hochsensitiver Schnelltest schlug am Mittwoch an, das Ergebnis der Sequenzierung der Abwasserproben soll am kommenden Dienstag vorliegen.

Noch Gespräche mit Landeshauptleuten

Spätestens am Samstag wollen Kanzler, Vizekanzler, Gesundheits- und Innenminister vor die Öffentlichkeit treten, am Freitag sind noch Gespräche mit den Sozialpartnern und den Landeshauptleuten geplant. Auch soll die Sequenzierung von anderen Proben, etwa jene in einem Wiener Caritasheim oder jene der britischen Skifahrer, die im Tiroler Jochberg abgestiegen sind, abgewartet werden. In Österreich gibt es bereits rund 100 Verdachtsfälle.

Die Pflicht, dort, wo es zu Öffnungen kommt, FFP2-Masken zu tragen, ist eine der Maßnahmen, die neu kommen dürfte. Gesundheitsminister Rudolf Anschober am Freitag: Immer mehr Leute stellen bereits um auf FFP2-Masken, das ist auch gut so, eine Ausweitung empfehlenswert." Während der normale Mund-Nasen-Schutz vor allem andere schütze, schütze die FFP2-Maske stärker auch den Träger selbst vor Infektion, "und zwar zu mindestens 92 Prozent".

Für bestimmte Berufsgruppen wird das Tragen einer FFP2-Maske mit der jüngsten Gesetzesänderung bereits zur Pflicht.

Das Dilemma, in dem die Regierung steckt: Aktuell liegt Österreich bei den Neuinfektionen europaweit immer noch im vorderen Mittelfeld. „Die Situation ist eine extrem volatile“, dämpft Bundeskanzler Sebastian Kurz alle Erwartungen . „Wir müssen extrem behutsam vorgehen.“

Geschäfte sperren auf, Lokale bleiben zu

Wohin die Reise geht, ließ sich der Kanzler in einem Gespräch mit Journalisten nicht entlocken. Was sich immer mehr abzeichnet: Am 25. Jänner könnten neben den Schulen auch Geschäfte und gewisse Dienstleister wie etwa Friseure ihre Pforten öffnen. Für die Gastronomie, Hotels, Kulturbetriebe sieht es hingegen düster aus.

„Die Leute sollen mehr dürfen als nur in den Supermarkt gehen“, erklärt ein Kabinettsmitglied. „Der Friseur soll nicht bis Ostern geschlossen bleiben.“ Dass große Teile der Bevölkerung immer ungeduldiger, genervter werden, erschwert die Entscheidungen. Der Skiurlaub in den Semesterferien dürfte ins Wasser fallen.

Auch der Babyelefant ist mutiert

Außerdem sollen die bekannten Vorsichtsmaßnahmen wegen der hochinfektiösen Mutation deutlich verschärft werden. Anstelle des Mund-Nasen-Schutzes soll in gewissen Bereichen, etwa beim Friseur oder im öffentlichen Verkehr und in Geschäften die medizinischen FFP-2-Masken zur neuen Verpflichtung werden. Und der berühmte Babyelefant (mit seinem Sicherheitsabstand von 1,5 Meter) dürfte zum ausgewachsenen Elefanten (2-Meter-Abstand) mutieren.

Zuletzt hatte der Bundesrettungskommandant des Roten Kreuzes, Gerry Foitik, klar für neue Spielregeln im Alltag, etwa das Tragen einer FFP2-Maske, statt eines einfachen Mund-Nasen-Schutzes und mehr Abstand plädiert. Auch Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer hätte nichts gegen eine Pflicht zum Tragen einer FFP2-Maske im Handel: Wenn das der Preis für eine Öffnung sei, "warum nicht, sollte man sofort umsetzen".