Der September wird ein Monat, in dem Millionen Österreichern ein kleiner Geldsegen ins Haus steht. Vor drastischem Hintergrund, freilich – die Republik versucht so, die Bürger zum Kaufen und Investieren zu animieren und so den dramatischen Wirtschafts- und Wohlstandseinbruch abzufangen, den die Corona-Krise verursacht hat.

Zwei breitenwirksame Maßnahmen sind es, die Österreichs Politik Anfang Juli mit dem Konjunkturstärkungsgesetz 2020 sowie einer Novelle des Familienlastenausgleichs beschlossen hat. Wie kommt nun wer an das Geld?

Die einfachste Maßnahme ist der „Kinderbonus: 360 Euro bekommt jede Familie in Österreich pro Kind, für das sie Familienbeihilfe bezieht. Ein eigener Antrag ist dazu nicht notwendig, das Geld wird im September mit der normalen (gestaffelten) Familienbeihilfe-Überweisung ausgezahlt. Eine einfache, aber nicht unumstrittene Maßnahme: Denn für Kinder im Ausland, deren Eltern in Österreich Familienbeihilfe beziehen, wird die Einmalzahlung an die Kaufkraft im Zielland angepasst – was beispielsweise Kindern in der Schweiz mehr Geld bringt, jenen von osteuropäischen Pflegerinnen aber deutlich weniger.

Ein Vermächtnis der türkis-blauen Regierung, die diese „Indexierung“ für die gesamte Familienbeihilfe beschlossen hatte – eine europarechtliche Klärung steht noch aus, vor allem die SPÖ kritisiert die Regelung als „ungerecht“. Den Neos stößt dagegen sauer auf, dass der Kinderbonus mit der „Gießkanne“ ausgeschüttet wird, ohne auf die individuelle Situation einzugehen.

Arbeitgeber überweisen mehr netto

Einstimmig beschlossen wurde dagegen die Senkung des Eingangssatzes der Lohn- und Einkommensteuer von 25 auf 20 Prozent. Während diese Änderung allen Steuerpflichtigen zugute kommt, würde sie normalerweise erst für die kommenden Steuerzahlungen greifen.

Um zu gewährleisten, dass die Ersparnis – sie reicht von rund 67 Euro im Jahr bei einem Monatsbrutto-Gehalt von 1.400 Euro bis zum Maximum von 350 Euro ab 1.800 Euro Monatsbrutto (bei Pensionisten sind die Grenzwerte niedriger) – schnell in den Geldbörsen ankommt, hat das Parlament diese Senkung rückwirkend ab Jänner beschlossen. Arbeitgeber und Pensionsversicherung sind gesetzlich verpflichtet, diese Ersparnis nach Möglichkeit bis 30. September aufzurollen. Das heißt, dass für viele Arbeitnehmer und Pensionisten der Nettobezug im September (für manche schon im August) um bis zu 260 Euro netto höher ausfallen wird.

Wem die Steuer nicht vom Gehalt oder der Pension abgezogen wird, muss sich dagegen gedulden – genau wie jene Menschen, die zu wenig verdienen, um überhaupt Steuer zu zahlen. Letzere bekommen eine „Negativsteuer“ ausgezahlt (technisch gesehen eine Reduktion ihres Sozialversicherungsbeitrags. Diese Beträge werden aber erst im kommenden Jahr ausgezahlt – nach der Einkommensteuererklärung bzw. Arbeitnehmerveranlagung für 2020.

„Die Frage ist, wie hoch im Herbst die Unsicherheit ist“

IHS-Chef und Ökonom Martin Kocher im Interview über die Wirkung des Konjunkturpaketes:

IHS-Chef Martin Kocher
IHS-Chef Martin Kocher © APA/HERBERT PFARRHOFER

Herr Kocher, die Republik schüttet demnächst jeweils einige hundert Euro an Millionen Österreicher aus. Was passiert idealerweise mit dem Geld

Martin Kocher: Die Hoffnung ist natürlich, dass dadurch der Konsum angeregt wird. Deswegen hat man ja mit den Fokus auf relativ kleine Einkommen gelegt – bei denen ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die Leute das Geld gleich wieder ausgeben und damit die Wirtschaft anregen.

Wovon hängt denn ab, ob dieser Plan aufgeht?

Die Frage wird sein, wie hoch die Unsicherheit im Herbst ist – ist sie hoch, werden die Menschen das Geld für schwere Zeiten sparen, statt es auszugeben.

Tut die Politik genug, um diese Zuversicht zu stärken?

Die Stimulus-Maßnahmen sind dem Umfang nach ausreichend bemessen – aber der größte Unsicherheitsfaktor bleibt die gesundheitliche Lage. Davon, wie sich die Corona-Situation im Herbst entwickelt, hängt auch ab, ob die Hilfsmaßnahmen greifen oder ob sie zum Teil wirkungslos verpuffen.

Viele bekommen das Geld erst nächstes Jahr mit dem Steuerausgleich. Wäre es nicht besser, alle auf einmal auszuzahlen?

Die zeitliche Verteilung kann schon sinnvoll sein. Zahlt man alles auf einmal aus, besteht die Gefahr, dass man eine schlechte Phase erwischt – und ein Großteil der Wirkung verpufft.