Die NATO-Außenminister haben sich am Donnerstag auf einen neuen Masterplan zur Abschreckung Russlands geeinigt. "Wir stärken unsere Allianz weiter mit besseren und modernisierten Plänen", sagte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg nach dem Ministertreffen. Die Taliban in Afghanistan warnte die NATO vor Rückendeckung für Terroristen. Gleichzeitig erwägt Russland, die radikalen Islamisten von der Liste extremistischer Gruppen zu streichen.

NATO-Vertreter betonten, dass sie nicht davon ausgehen, dass ein russischer Angriff unmittelbar bevorstehe. Moskau weist aggressives Verhalten zurück und wirft seinerseits der NATO vor, mit ihren strategischen Vorbereitungen Europa zu destabilisieren.

Weg der Abschreckung

Westliche Diplomaten halten dem entgegen, dass das "Konzept für die Abschreckung und Verteidigung im Euro-Atlantischen Raum" und die dazugehörige Umsetzungsstrategie notwendig seien, weil Russland fortgeschrittene Waffensysteme entwickle und Truppen sowie Rüstungsgüter näher an die NATO-Außengrenzen verlege. Die Abschreckungsszenarien drehen sich auch um den Einsatz von Atomwaffen.

"Das ist der Weg der Abschreckung", sagte die deutsche Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer im Deutschlandfunk. "Wir müssen Russland gegenüber sehr deutlich machen, dass wir am Ende – und das ist ja auch die Abschreckungsdoktrin – bereit sind, auch solche Mittel einzusetzen, damit es vorher abschreckend wirkt und niemand auf die Idee kommt, etwa die Räume über dem Baltikum oder im Schwarzmeer NATO-Partner anzugreifen." Das sei der Kerngedanke der NATO und werde angepasst auf das aktuelle Verhalten Russlands.

Provokationen am Schwarzen Meer

"Wir sehen insbesondere Verletzungen des Luftraums über den baltischen Staaten, aber auch zunehmende Übergriffigkeiten rund um das Schwarze Meer", sagte Kramp-Karrenbauer. Im September hielt Russland mit seinem Verbündeten Belarus Militärmanöver ab, die die baltischen NATO-Mitglieder alarmiert haben. Im Mai wurden Vertretern westlicher Regierungen zufolge rund 100.000 russische Soldaten an der Grenze zur Ukraine zusammengezogen - so viele wie seit der Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim im Jahr 2014 nicht mehr. Zuletzt drohte Russland der NATO mit Konsequenzen, sollte das westliche Militärbündnis weitere Schritte zur Aufnahme der Ukraine unternehmen.

US-Verteidigungsminister Lloyd Austin hatte am Dienstag erklärt, Russland habe kein Recht, die Bemühungen der Ukraine zur Aufnahme in die NATO zu unterbinden. Der russische Präsident Wladimir Putin sagte dazu am Donnerstag, Austin habe praktisch den Weg für eine NATO-Aufnahme der Ukraine geebnet. Selbst wenn es keine formelle Aufnahme geben sollte, treibe die NATO bereits eine militärische Entwicklung der Ukraine voran, so Putin. Dies stelle eine Bedrohung für Russland dar.

Nato-Warnung und russische Freundlichkeit für Taliban

Die neuen Machthaber in Afghanistan warnte die NATO vor Rückendeckung für international agierende Terroristen. "Alliierte haben die Fähigkeit, aus der Luft gegen terroristische Bedrohungen vorzugehen", sagte Generalsekretär Stoltenberg. Man habe vereinbart, wachsam zu bleiben, und werde die Taliban dafür verantwortlich machen, wenn sie Zusagen in den Bereichen Terrorismus und Menschenrechte brechen sollten.

Kurze Zeit nach dem Ende der NATO-Militärpräsenz im Land hatten die militant-islamistischen Taliban in Afghanistan die Macht zurückerobert. Ziel des knapp zwei Jahrzehnte dauernden Einsatzes war es eigentlich gewesen, genau das zu verhindern. Davor hatten die Taliban dem internationalen Terrorismus Unterschlupf geboten. So wurden die Anschläge, die am 11. September 2001 die USA trafen, in Afghanistan vorbereitet.

Russland erwägt derweil eine Streichung der radikal-islamischen Taliban in Afghanistan von der Liste extremistischer Gruppen. Die Ankündigung von Präsident Wladimir Putin am Donnerstag erfolgte einen Tag nach hochrangigen Gesprächen zwischen der Regierung in Moskau und den Taliban. Russland hatte die Islamisten 2003 als Terrororganisation eingestuft. Jedoch wurden Vertreter der Taliban bereits vor ihrer Machtübernahme im August mehrfach nach Russland eingeladen.