Die Demonstranten drohten, das Parlament in Sofia während einer Sondersitzung an diesem Donnerstag zu blockieren, um seinen Rückzug durchzusetzen. Um ihrer Forderung Nachdruck zu verleihen, wollten die Demonstranten am Mittwoch auch vor der deutschen Botschaft demonstrieren. Berlin hat bis Ende 2020 die EU-Ratspräsidentschaft inne. Im EU-Parlament gehört Borissows Partei GERB zur Europäischen Volkspartei, so wie auch die ÖVP.

Die Regierung aus Bürgerlichen und Nationalisten beschloss unterdessen Corona-Hilfen für arbeitende Eltern von Schulkindern. Auch Krankenhäuser, Schulen und Studenten sollen finanziell unterstützt werden.

Bei Protestaktionen und auf Zeltblockaden beschuldigen die Demonstranten das seit Mai 2027 regierende Koalitionskabinett seit Wochen, wie eine Mafia zu handeln, Korruptionspraktiken zu dulden sowie von Oligarchen abhängig zu sein. An den Protesten vor allem in der Hauptstadt nehmen viele junge Menschen teil. Dabei sind auch recht viele Anhänger des im Parlament nicht vertretenen pro-europäischen konservativ-liberalen Blocks Demokratisches Bulgarien.

Demonstranten blockierten eine Straßenkreuzung in der Hauptstadt.
Demonstranten blockierten eine Straßenkreuzung in der Hauptstadt. © (c) AFP (NIKOLAY DOYCHINOV)

Demonstranten okkupierten in der Nacht auf Mittwoch erneut die große Straßenkreuzung an der Sofioter Universität. Damit hielten sie drei wichtige Verkehrsknoten der Hauptstadt besetzt, wo sie die Durchfahrt mit Zelten, Parkbänken, Müllcontainern und Blumenkästen versperren. Weitere Linien des öffentlichen Nahverkehrs mussten umgeleitet werden. Ein Autokorso blockierte östlich von Sofia den Verkehr auf der Autobahn, die von Belgrad nach Istanbul führt.

Die Demonstranten werden von Staatspräsident Rumen Radew unterstützt, der der oppositionellen, Russland-freundlichen Sozialistischen Partei (BSP, Ex-KP) nahesteht. Auch diese fordert Neuwahlen, obwohl es schon im März 2021 eine reguläre Parlamentswahl geben soll.

Van der Bellen bei einem Besuch mit der estnischen Präsidentin  Kersti Kaljulaid und Rumen Radew.
Van der Bellen bei einem Besuch mit der estnischen Präsidentin Kersti Kaljulaid und Rumen Radew. © (c) APA/BUNDESHEER/PETER LECHNER (PETER LECHNER)

Der Koalitionsrat der Regierung lehnt einen Rücktritt "auf Druck der Straße" ab. Doch Borissow hatte sich bei einem Parteiforum bereit erklärt, zurückzutreten. Auf Facebook postete er mehrere nicht eindeutige Ansagen wie etwa "Zeit für Entscheidungen".