Nach der von Manipulationsvorwürfen und Gewalt geprägten Wahl in Weißrussland (Belarus) ist es am Montag den zweiten Abend in Folge zu Gewalt gekommen. Ein Reuters-Reporter berichtete von Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei in Minsk. Es habe mehr als 30 Festnahmen gegeben, die Beamten hätten Demonstranten aus der Menschenmenge gezogen und mit Schlagstöcken angegriffen.

Auf Videos in sozialen Netzwerken war zu sehen, wie viele Menschen ins Zentrum ziehen. Genaue Zahlen lagen zunächst nicht vor. Uniformierte mit schwarzen Schutzmasken nahmen dabei auch Demonstranten fest. Ganze Straßen waren abgesperrt. Zu sehen war auch, wie Demonstranten vor Einsatzkräften wegliefen. Andere blockierten Kreuzungen.

Proteste nach Wahl von Lukaschenko

Die Proteste waren am Sonntag nach der Präsidentenwahl ausgebrochen, aus der Amtsinhaber Alexander Lukaschenko nach offiziellen Angaben als Sieger hervorging. Die Opposition erkennt dies nicht an und spricht von Wahlbetrug. Lukaschenko regiert das Land seit 1994 autoritär.

Die weißrussische Polizei hatte am Sonntag nach Medienberichten rund 3000 Demonstranten festgenommen. Ein von der Opposition als tot gemeldeter Teilnehmer der Proteste sagte der Nachrichtenagentur Reuters am Montag per Telefon, er habe schwere Übergriffe der Polizei überlebt. Jewgeni Saitschkin erlitt jedoch nach eigenen Angaben eine Gehirnerschütterung, und seine Wunden hätten genäht werden müssen. Er sei inzwischen aus dem Krankenhaus entlassen worden und erwarte nun, festgenommen zu werden. Der 35-Jährige war auf Reuters-Aufnahmen der Proteste zu sehen gewesen, wie er regungslos am Boden lag. Eine Stellungnahme des Innenministeriums lag zunächst nicht vor.

Aufrufe zu Protesten gegen Wahlfälschung gab es auch in anderen Städten des Landes. Auch von dort gab es Berichte, dass Polizisten zentrale Plätze mit Schutzgittern abgesperrt haben. Zuvor hatte die Wahlleitung der ehemaligen Sowjetrepublik den amtierenden Staatschef Alexander Lukaschenko mit 80 Prozent der Stimmen zum Sieger erklärt. Herausforderin Swetlana Tichanowskaja kam demnach auf nur 10 Prozent. Sie erkennt das Ergebnis nicht an und verlangt eine Neuauszählung der Stimmen.

Tichanowskaja nicht bei Protesten

Mit der Entscheidung wolle das Wahlkampf-Team "Provokationen vermeiden", sagte Tichanowskajas Sprecherin Anna Krasulina am Montag der Nachrichtenagentur AFP. "Die Behörden können jede provokative Situation ummünzen, um sie zu verhaften. Und wir brauchen sie in Freiheit", sagte Krasulina weiter. Zuvor hatte Tichanowskaja erklärt, sich als "Gewinnerin dieser Wahl" zu betrachten und die Regierung aufgefordert zu überlegen, "wie sie die Macht friedlich an uns übergeben kann". Lukaschenko warf sie vor, sich mit Gewalt an die Macht zu klammern.

Schon Stunden vor den neuen Aktionen zogen die Behörden Sicherheitskräfte im Zentrum von Minsk zusammen. Nicht angeschraubte Bänke und Mülleimer an Haltestellen seien entfernt worden - wohl aus Angst, Demonstranten könnten sie gegen die Sicherheitskräfte einsetzen. Zudem seien Einkaufszentren vorzeitig geschlossen worden, berichteten Medien aus der Hauptstadt. Menschen schrieben in sozialen Netzwerken, dass das Internet gestört wird.