Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu und sein politischer Rivale, Ex-Militärchef Benny Gantz, haben nach Medienberichten bei Gesprächen über eine Große Koalition Fortschritte gemacht. Der rechtskonservative Likud-Chef Netanyahu und der Kandidat der politischen Mitte hätten in der Nacht zum Sonntag mehr als sieben Stunden lang verhandelt, berichteten israelische Medien.

Es werde im Laufe des Tages mit einem weiteren Treffen und dann mit einer möglichen Einigung gerechnet, hieß es. Den Angaben zufolge ist eine Rotation im Amt des Ministerpräsidenten vorgesehen. Zuerst solle Netanyahu für eineinhalb Jahre Regierungschef werden. Im Oktober kommenden Jahres solle Gantz ihn dann ablösen. Teil der Vereinbarung sei auch ein Versprechen, dass Gantz' Partei ein Gesetz unterstützen werde, das es Netanyahu ermöglichen solle, trotz einer Korruptionsanklage als Vize-Regierungschef und Minister zu amtieren. Meinungsverschiedenheiten gebe es noch über die genaue Verteilung der Ministerämter.

Im Streit über den Schritt von Gantz war sein Mitte-Bündnis Blau-Weiß am Donnerstag zerbrochen. Nur die Partei von Gantz, Widerstandskraft für Israel, soll den Berichten zufolge in die künftige Regierung mit Netanyahus Likud und möglichen weiteren Parteien eintreten.

Israel wird seit Ende 2018 von einer Übergangsregierung unter Netanyahu verwaltet. Am 2. März hatten die Bürger zum dritten Mal innerhalb eines Jahres ein neues Parlament gewählt. Dabei gab es erneut keinen klaren Sieger, Gantz erhielt aber den Auftrag zur Regierungsbildung. Netanyahu rief unter Hinweis auf die Coronavirus-Krise mehrfach zur Bildung einer Notstandsregierung auf.

Gantz hatte bisher eine Große Koalition mit der Likud-Partei mit Netanyahu an der Spitze abgelehnt, weil dieser wegen Korruption in drei Fällen angeklagt ist. Am Donnerstag sagte Gantz jedoch bei einer Ansprache im Parlament, er werde sich mit aller Macht für die Bildung einer Großen Koalition einsetzen. "Dies ist nicht die Zeit für Streit und Spaltung", sagte er unter Hinweis auf die Corona-Krise. Kritiker werfen ihm nun vor, er habe sein zentrales Wahlkampfversprechen gebrochen.