Nach dem Brexit ist die EU bereit, die Verhandlungen mit Großbritannien aufzunehmen. Die 27 EU-Länder haben am Dienstag das Mandat für die Verhandlungen über die künftigen Beziehungen zu Großbritannien angenommen. Dies verlautete nach der Abstimmung unter den Europaminister, darunter Karoline Edtstadler (ÖVP), aus informierten Kreisen in Brüssel.

Auf Botschafterebene hatte man sich bereits am Montag geeinigt, beim Allgemeinen Rat keine Änderungen an dem Mandat mehr vorzunehmen. Damit können die Verhandlungen mit Großbritannien über das künftige Verhältnis Anfang März beginnen.

Großbritannien ist seit 1. Februar nicht mehr Mitglied der Europäischen Union. Die Zeit für Verhandlungen ist kurz: Bis Ende des Jahres gilt eine - einmalig verlängerbare - Übergangsphase, in der das Land noch im EU-Binnenmarkt und in der Zollunion bleibt und über die künftigen Beziehungen zur Europäischen Union verhandelt werden soll. Premier Boris Johnson hat bisher jede Verlängerung der Übergangsphase abgelehnt.

Die EU hat den Briten nach dem Brexit angeboten, ein Freihandelsabkommen ohne Zölle und Quoten zu schließen. Dafür müsste Großbritannien sich verpflichten, EU-Normen im Arbeits- und Umweltrecht und für staatliche Beihilfen weitgehend einzuhalten. Die Positionen der EU und Großbritanniens liegen laut Europaministerin Edtstadler "relativ weit auseinander".

Nach Ansicht von Edtstadler ist es im Interesse sowohl der 27 EU-Länder und des Vereinigten Königreich, "in Zukunft enge Kontakte zu pflegen". "Großbritannien ist aus Europa nicht wegzudenken", so Edtstadler. Die Europaministerin erklärte dem EU-Chefverhandler Michel Barnier ihr "volles Vertrauen".

Kurz bei BoJo

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) besucht unterdessen am Dienstag seinen britischen Amtskollegen Johnson in London. "Je enger wir in Zukunft zusammenarbeiten und je mehr wir weiterhin ähnliche Standards haben, umso besser für uns alle", hielt auch Kurz im Vorfeld der Reise fest.

Sehr wichtig für Österreich ist nach Worten von Ministerin Edtstadler, dass die "Standards, die Spielregeln der Europäischen Union", von den Briten eingehalten werden. Es ginge um eine "enge Zusammenarbeit von Sicherheit bis Wirtschaft", sagte sie. Edtstadler will "aber auch hier keine Wettbewerbsnachteile für die österreichischen Unternehmen".

"Beide Seiten müssen mit der notwendigen Ernsthaftigkeit an die Verhandlungen gehen, denn der Brexit hinterlässt im Alltag von Millionen Menschen unzählige Fragezeichen", sagte SPÖ-EU-Delegationsleiter Andreas Schieder.

Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer (ÖVP) forderte, neben dem Handel von Waren und Dienstleistungen sollten auch Investitionen, Finanzdienstleistungen, Verkehr, Datenschutz oder Umweltthemen in das künftige Abkommen einbezogen werden. "Einen breiten Zugang zum EU-Markt für die Briten und zugleich Wettbewerbsverzerrungen zulasten der Unternehmen in der EU27 - das darf und wird die EU nicht zulassen, da wird sich das Vereinigte Königreich die Zähne ausbeißen." Es werde eine "Herkulesaufgabe" sein, bis zum Ende dieses Jahres eine weitreichende Partnerschaft unter Dach und Fach zu bringen.