Das Aufregerbuch der ehemaligen Bildungsobfrau Susanne Wiesinger bot die Grundlage für eine "Dringliche Anfrage" der NEOS an Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) heute im Nationalrat. In der Begründung der Initiative beschwerte sich Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger, dass das Parteibuch noch immer das wichtigste Buch an den Schulen sei.

Echte Reformen würden durch den parteipolitischen Zugriff auf das Bildungssystem verhindert. Seit 100 Jahren würden die gleichen ideologischen Grabenkämpfe geführt, erklärte Meinl-Reisinger.

Wiesingers Buch "Machtkampf im Ministerium", wegen dessen Erscheinen ihr Ombudsfrau-Posten im Bildungsressort verloren geht, untermauere für die NEOS-Chefin den Eindruck, dass es in Österreich nicht primär um das Wohl und die Ausbildung der Kinder gehe, sondern einzig um Macht, Einflussnahme, Postenschacher und Message Control im Sinne der eigenen Ideologie.

In den Detailfragen sollte Faßmann unter anderem beantworten, was sich Wiesinger zu Schulden kommen hat lassen und wie viel die vorzeitige Auflösung ihres Vertrags kostet. Ferner wurde der Ressortchef gefragt, was er zu tun gedenke, um parteipolitischen Zugriff auf das Schulsystem zu unterbinden. Auch zu zahlreichen Einzelthemen von Burnout-Prävention bis zu Lehrer-Image wurde Faßmann um Antworten ersucht.

Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) sieht die von den NEOS geforderte Zurückdrängung des parteipolitischen Einflusses an Schulen bereits im Gang. In Beantwortung der Dringlichen Anfrage verwies er diesbezüglich auf die neuen Bildungsdirektionen. Die seiner früheren "Ombudsfrau" Susanne Wiesinger zur Seite gestellte ÖVP-nahe Beraterin kostete laut Faßmann 46.200 Euro.

"Machtkampf sah ich nicht"

Wiesingers Schilderung des "Machtkampfs" im Unterrichtsministerium wies Faßmann zurück. "Diesen Machtkampf sah ich nicht." Das von Wiesinger kritisierte Ministerbüro habe lediglich "Serviceleistungen" angeboten, die zum Aufbau ihrer Ombudsstelle nötig gewesen seien. Kritik und Lösungsvorschläge der mittlerweile abgelösten Ombudsfrau seien ihm zu "plakativ und ausgesprochen oberflächlich" ausgefallen.

Die Ablöse Wiesingers stellte Faßmann als eine freiwillige dar. Er habe Wiesinger nicht vor die Tür gesetzt, sondern sie selbst habe zu ihren Kindern an die Schule zurückkehren wollen, meinte Faßmann. Außerdem wäre die weitere Zusammenarbeit mit den im Buch als "Apparatschiks" dargestellten Mitarbeitern des Ministerkabinetts wohl schwierig gewesen, meinte der Minister. Daher habe man sich einvernehmlich auf eine Dienstfreistellung verständigt.

Der Wiesinger zur Seite gestellten ÖVP-nahen Beraterin Heidi Glück wurden laut Faßmann 46.200 Euro bezahlt. Verrechnet hat sie demnach 284 Arbeitsstunden.

Die Forderung der NEOS, das Bildungssystem dem parteipolitischen Zugriff zu entziehen, unterstütze er, betonte Faßmann: "Die Parteipolitik muss zurückgedrängt werden." Hier habe man aber bereits Schritte gesetzt - etwa durch die seit 2019 neuen Bildungsdirektionen und einen neuen Modus der Direktorenauswahl.

NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger hatte zuvor noch einmal "parteipolitische Scheuklappen" in der Bildungspolitik kritisiert. Österreich stecke in einer Bildungs- und Schulkrise. Denn sollte die nächste "Alberta Einstein" in eine Brennpunktschule im 15. Wiener Gemeindebezirk gehen, dann werde sie es nicht schaffen. "Dieses parteipolitische System blockiert Reformen, es ist ein jahrzehntelanger Stellungskrieg", so die Klubobfrau der NEOS.

Böses Blut wegen U-Ausschuss

Die thematische Einschränkung des Ibiza- und Casinos-U-Ausschusses durch ÖVP und Grüne hat im Nationalrat am Mittwoch bereits vor Aufnahme der Tagesordnung für böses Blut gesorgt. Die SPÖ verlangte die Vorreihung des Themas, scheiterte aber damit. In der zugehörigen Einwendungsdebatte tauschten die Fraktionen bereits umfassend ihre Standpunkte aus.

SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried beklagte in seiner Wortmeldung das Torpedieren des Untersuchungsausschusses. Der Ibiza-Komplex, aber auch die Vorgänge um die Finanzmarktaufsicht, der Vorwurf des Gesetzeskaufs und die Besetzungen in staatsnahen Unternehmen würden zugedeckt. Parteikollege Kai-Jan Krainer assistierte mit einem Wahlplakat der Grünen in der Hand. "Grün ist nicht der Anstand, Grün ist die Zensur", sagte er.

Die NEOS, die den Ausschuss gemeinsam mit der SPÖ beantragt haben, sahen das ähnlich. Stephanie Krisper warf den Grünen vor, ihr Handeln sei "ein aktiver Schritt, der ÖVP die Mauer zu machen". Kein renommierter Verfassungsrechtler unterstütze die türkis-grüne Position. Und Nikolaus Scherak ätzte: "Was ich wirklich nicht vermisst habe in diesem Haus, ist die moralische Überheblichkeit der Grünen."

Auch Christian Hafenecker (FPÖ), dessen früherer Parteichef Heinz-Christian Strache im Zentrum der Ibiza- und Casinos-Affäre gestanden war, betonte, dass seine Partei Interesse an restloser Aufklärung habe. Die "Krake der ÖVP" habe es aber geschafft, die Grünen über den Tisch zu ziehen. Sein Lösungsvorschlag: Es solle einen schnellen U-Ausschuss zur CASAG geben, dann könne man gesondert und in Ruhe auf alle anderen Causen eingehen.

"VfGH wird uns recht geben"

Völlig anders sahen das die Regierungsfraktionen. Die Grünen hätten seit Jahren für Transparenz und Aufklärung gekämpft und auch den U-Ausschuss als Minderheitenrecht durchgesetzt, sagte Klubchefin Sigrid Maurer. Einzige Voraussetzung sei die Verfassungskonformität des Ausschussverlangens, und darüber entscheide nun eben der Verfassungsgerichtshof. "Ich bin mir sehr sicher, dass der VfGH uns recht geben wird und nicht euch", weil die von SPÖ und NEOS vorgenommene Themenzusammenstellung nicht zulässig sei. Komme es anders, sei dies auch gut. Wichtig sei, nun rasch mit der Kontrolle beginnen zu können.

ÖVP-Klubobmann August Wöginger unterstützte dies. In der - noch unter Rot-Schwarz beschlossenen - Verfahrensordnung sei klar festgelegt, dass es im U-Ausschuss um einen abgeschlossenen Vorgang der Bundesverwaltung gehen müsse. Ein aktuelles Rechtsgutachten untermauere diese Position, und nun entscheide eben der VfGH und nicht die Minderheit im Nationalrat, was verfassungskonform sei.