Nach dem vorläufigen Brexit-Stopp in Großbritannien häufen sich die Zeichen für eine baldige Neuwahl im Königreich. Die Regierung von Premierminister Boris Johnson hatte am Dienstag verlauten lassen, dass sie eine Abstimmung vorschlagen wolle, falls die EU eine Verlängerung der Brexit-Frist bis zum 31. Jänner gewähren würde. Der irische Premierminister Leo Varadkar hat am Mittwoch als erster der 27 EU-Staats- und Regierungschefs seine Zustimmung zu einer Verlängerung der Brexit-Frist bis 31. Jänner 2020 erklärt.

EU-Ratspräsident Donald Tusk hatte den 27 Staats- und Regierungschefs die Zustimmung empfohlen. Zuvor hatte Johnson im britischen Unterhaus eine wichtige Abstimmung zum Brexit-Zeitplan verloren und deswegen das gesamte Gesetzgebungsverfahren auf Eis gelegt.

Allerdings könnte für eine Neuwahl eine Zweidrittelmehrheit im Parlament notwendig sein. Johnson führt derzeit eine Minderheitsregierung. In seiner konservativen Tory-Partei gibt es auch Stimmen, die einen weiteren parlamentarischen Versuch befürworten, den Brexit-Deal ohne Neuwahl in britisches Recht zu implementieren. Dazu gehört unter anderem Nordirland-Minister Julian Smith.

"Keine Angst vor Neuwahlen"

Vertreter mehrerer Oppositionsparteien signalisierten am Mittwoch grundsätzlich Bereitschaft, einer Neuwahl zuzustimmen. Von Seiten der Liberaldemokraten hieß es nach Informationen der britischen Nachrichtenagentur PA, die Partei "habe keine Angst vor einer Neuwahl". Ziel der pro-europäischen Partei bleibe es weiter, den Brexit noch vollends zu stoppen. Auch von Seiten der schottischen SNP verlautete Bereitschaft für eine Neuwahl.

Die Labour-Partei als größte Oppositionskraft hatte Johnson lange Zeit den Wunsch nach einer Neuwahl verweigert und stattdessen ein zweites Brexit-Referendum angestrebt. Oppositionsführer Jeremy Corbyn vertritt inzwischen aber Medienberichten zufolge die Sichtweise, eine weitere Verweigerungshaltung könnte sich negativ auf die Partei auswirken.