Herr Ministerpräsident, Sie empfangen am Montag Vizekanzler Strache. Was verbindet Sie mit ihm?
VIKTOR ORBÁN: Wir kennen uns lange. Seine Partei kannte ich noch früher. Ich war Ministerpräsident von Ungarn, als Wolfgang Schüssel die Entscheidung traf, mit der FPÖ eine Regierung zu bilden. Da begann eine verabscheuenswürdige Kampagne gegen Österreich. Ich empfing Kanzler Schüssel in Budapest, während in Europa die Türen zugingen. Da begann ich mich für die FPÖ zu interessieren. Was können die wohl wissen, wenn man so viel Angst vor ihnen hat? Strache tut sich aus dem europäischen politischen Feld hervor. Die traditionelle europäische Elite ist dekadent.

Was meinen Sie mit dekadent?
Dekadent in dem Sinn, dass die Elite nicht an die Kraft politischen Handelns glaubt. Die wollen die Pedale weitertreten wie bislang und sperren sich, wenn etwas Neues kommt.

Vielleicht, weil das Neue alte Kleider trägt.
Das Problem der europäischen Eliten ist: Sie glauben nicht an die Kraft der Person, der Führungspersönlichkeit. Sie halten Führungspersönlichkeiten für gefährlich, die in der Lage sind, Menschen zu begeistern.

Die Skepsis hat vermutlich mit geschichtlicher Erfahrung zu tun.
Es geht um eine bürokratische Politik, die sich in Europa breitgemacht hat. Strache passt nicht in die Reihe. Er ist vieles, aber nicht dekadent. Er spricht nicht diese politisch korrekt getaufte Sprache. Manchmal verliert er dabei, manchmal gewinnt er.

Ist er Ihnen näher als Kurz?
Vom Alter her.

Orban über den Koalitionswechsel von Sebastian Kurz: „Politischer Handstreich, der ins Lehrbuch der Ministerpräsidenten kommt“
Orban über den Koalitionswechsel von Sebastian Kurz: „Politischer Handstreich, der ins Lehrbuch der Ministerpräsidenten kommt“ © APA/ROLAND SCHLAGER

Der Kanzler ist von Ihnen abgerückt. In Budapest sprach man von „Verrat einer Freundschaft“. Haben Sie das auch so empfunden?
Verraten zu sein, ist ein Grundgefühl, wenn man Ungar ist. Mitteleuropa ist ein kompliziertes Gebiet. Noch dazu haben wir Ungarn eine romantische Neigung, das macht uns manchmal naiv. Die Ungarn haben ein großes Herz. Sie gehen oft vom Herzen, nicht vom Verstand aus. In der Politik kann das trügerisch sein. Sie sind dann überrascht, wenn jemand, zu dem man ein freundschaftliches Verhältnis gehabt hat, beginnt, nicht dem Herzen, sondern den Interessen zu folgen.

Sie meinen, Kurz ist abgerückt, weil er es für opportun erachtet?
Es ist auch nicht leicht, Österreicher zu sein. Einer der kompliziertesten Jobs ist der des Kanzlers. Es ist nicht leicht, seinen Platz zu definieren. Ist es Mitteleuropa? Ist es die Welt der Deutschsprachigen? Oder eher ein bisschen Italien? Eine katholische Welt oder eine moderne, postkatholische, liberale Welt? Das alles gibt es in Österreich. Deshalb sind die Kanzler immer sehr sophisticated. Ich beobachte sie. Es gibt einige, von denen ich viel gelernt habe. Ich lerne gern.

Von wem haben Sie gelernt?
Von Schüssel. Von Helmut Kohl.

Ist es eine Pointe der Geschichte, dass Schüssel jetzt darüber befinden muss, ob Sie Mitglied der Europäischen Volkspartei bleiben?
Mein Gefühl für Schüssel ist freundschaftlich. Freundschaft verlangt Fairness. Ich bin mir also sicher, dass er dieser Linie folgen wird. Dass Schüssel einmal kontrolliert wurde, nährt in mir die Hoffnung, dass in zehn Jahren wir die kontrollieren, die uns jetzt kritisieren.

Hätten Sie von Österreich mehr Dankbarkeit erwartet?
Dankbarkeit ist hier kein gutes Wort. Ich dachte mir, da Österreich gewissermaßen zu Mitteleuropa gehört, folgt daraus ein regionales Zusammengehörigkeitsgefühl. Solche Konflikte kommen und gehen. Aber Österreich bleibt, wo es ist, Ungarn auch. Die Beziehung der beiden Länder stellt eine Qualität dar. Die Geschichte verleiht ihr einen besonderen Wert. Das darf keinem europäischen Konflikt geopfert werden. Blind bin ich aber nicht. Ich weiß, dass die ÖVP eine große Partei ist. Da leben verschiedene Strömungen zusammen. Die denken nicht ident über Ungarn. Ich bin einer der größten Anhänger des Kanzlers. So jung so viel Vertrauen zu erlangen und einen so mutigen Handstreich bei den Wahlen zu machen: Das war ein Meisterwerk, das kommt ins Lehrbuch der Ministerpräsidenten.

Trotz Gemeinsamkeiten in der Migrationsfrage will Kurz die Mitte nicht aufgeben. Sie schon. Sie suchen die Allianz mit den Nationalisten. Beschwören Sie so nicht den endgültigen Bruch mit Europas Christdemokraten herauf?
Die Geschichte kann so ausgehen. Das wollen wir nicht. Was passiert? Die Christdemokraten, besonders in Deutschland, rücken in Europa nach links. Wenn das so weiter geht und sie laufend eine Koalition mit den Sozialisten eingehen, müssen sie Kompromisse schließen und verlieren ihre Identität. Die Christdemokraten, die müssen schon christlich sein. Viele christdemokratische Parteien sind davon weit abgedriftet, weit hinein ins Linke. In den neuen Parteien, die an den Rändern hochkommen, wie man bei Ihnen zu sagen pflegt, sehe ich große Möglichkeiten. Sie nennen sich nicht Christdemokraten, vertreten aber christliche Werte.

Begrüßung in der Bibliothek des alten Karmeliter Klosters hoch über der Donau: mit Hubert Patterer und Stefan Winkler (rechts)
Begrüßung in der Bibliothek des alten Karmeliter Klosters hoch über der Donau: mit Hubert Patterer und Stefan Winkler (rechts) © Rajmund Fekete

Meinen Sie wirklich, Frau Le Pen gehe es um christliche Werte?
Frankreich ist ein laizistischer Staat, so ist auch die Politik von Le Pen. Sie wollen nicht den Vormarsch des Islam. Sie sehen eine Priorität bei der christlichen Kultur, sie schützen die Familie und den Nationalstaat. Ich sympathisiere damit, aber in der Volkspartei löst das Kritik aus, weil die EVP nach links will. Das wird zwei Folgen haben: erstens Identitätsverlust, und zweitens, dass sie wirtschaftlich ein sozialistisches Europa bauen: Steuererhöhungen, Überregulierung, ein Heer von Bürokraten, Vergemeinschaftung der Schulden. Österreicher und Deutsche werden den Preis dafür zahlen.

Dass die Christdemokraten im Bündnis mit den Rechten ihre Identität verlieren, fürchten Sie nicht?
Schauen wir, was in Österreich passiert. Ich sehe nicht, dass das eingetreten wäre. Ich schlage Europa das vor, was in Österreich passiert. Europa sollte das Modell Österreich übernehmen. Die rechte Mitte arbeitet mit der Rechten zusammen. Von Budapest aus betrachtet, scheint das erfolgreich zu sein. Es gibt Stabilität, ich sehe die wirtschaftlichen Vorhaben, die Steuersenkung, es hat den Anschein, dass gute Dinge passieren.

Kurz muss sich im Wochenrhythmus für rassistische Tollheiten in der FPÖ rechtfertigen.
Ich habe ja gesagt, Österreich ist ein schwieriger Ort. Zugleich lässt sich nicht leugnen, dass Europa von einem Netzwerk überspannt wird. Ich bezeichne es als liberales Netzwerk.

Was soll das sein?
Das ist ein Netzwerk aus NGOs, Thinktanks, Medien, linken Akademikern, Universitäten und Politikern. Wenn die sich einen Politiker vorknöpfen, machen sie ihm das Leben sehr schwer. Eben deshalb achtet ein Teil der rechtsgerichteten Politiker stets darauf, nicht auf Antipathie dieses Netzwerks zu stoßen. Wegen dieser Taktik ist die Fähigkeit, aus dem Herzen zu sprechen, in der europäischen Politik untergegangen.

Sie meinen die Freiheit des unkorrekten Redens.
Man muss jedes Wort auf die Goldwaage legen. Ich lebe im Luxus politischer Freiheit. Ich sage, was ich denke, weil ich vom ungarischen Volk starke Unterstützung erfahre. Man konnte uns, obwohl die Absicht bestand, von Brüssel aus nicht stürzen. Faschismus, Nationalismus, Populismus, das sind alles Ausdrücke, die vom liberalen Netzwerk als politische Knüppel benutzt werden. Es wird verunmöglicht, über die Liebe zum Vaterland oder die Befolgung der Lehre Jesu zu sprechen.

Karl Schwarzenberg sagt, er fürchte nicht den Islam, sondern die eigenen leeren Kirchen.
Trotzdem werden auch Sie spüren, dass ein Großteil der europäischen Politiker in dieser Atmosphäre gefangen ist. Man kann nicht mehr über traditionelle europäische Werte reden, nur verquält und vorsichtig. Und so geht das Wesentliche verloren. Schleichend verschiebt sich die gesamteuropäische Politik in Richtung liberaler Politik.

Wir lernen: Liberal ist ein Schimpfwort für Sie.
Es ist kein so schlechtes Wort, es hatte große Zeiten. Auch in Ungarn. Von 1867 bis 1914 gab es eine große Epoche der Liberalen, mehr noch, bereits 1848/49. Das hat Ungarn nach oben gebracht. Aber Liberale greifen heute die Freiheit an. Sie wollen vorgeben, worüber und wie man reden kann.

Sie haben in jungen Jahren als liberaler Bürgerrechtler begonnen. Heute sind Sie Verfechter einer „illiberalen Demokratie“. Was ist mit Ihnen passiert?
Ich bin auf Linie. 1990 wollten wir ebenfalls Freiheit. Damals bedeutete das Liberalismus. Jetzt, 30 Jahre später, rücken Liberale der Freiheit zu Leibe.

Was soll das sein, eine illiberale Demokratie?
Es gibt drei Unterschiede zum Liberalen: Erstens die Überzeugung, dass die Familie fundamental ist. Die Grundlage der Familie heißt: ein Mann, eine Frau. Und das muss geschützt werden. Liberale sagen, nein. Die Familie ist für sie ein Gesellschaftsspiel: mal so, mal so. Zweitens sagen wir, dass das kulturelle Leben eines jeden Landes zwar vielfältig ist, es aber überall eine führende kulturelle Tradition gibt. Dafür gibt es ein deutsches Wort: Leitkultur. In Ungarn ist das die christliche Kultur. Die anderen Kulturen respektieren wir. Aber die eigene hat für uns eine herausragende Rolle, und es ist unsere Verantwortung, das zu bewahren.

Tun das die Liberalen nicht?
Die Liberaldemokraten sagen: Alle Kulturen sind gleichwertig, es darf keine Unterschiede geben. Ihre Grundlage ist der kulturelle Relativismus. Und das Dritte, was wichtig ist: Liberale Demokraten sind für die Einwanderung. Wir Illiberale sind gegen Zuwanderung. Illiberale könnte man auch als christlich-demokratisch bezeichnen. Aber das ist hier so eine Kampfsprache. Liberal und illiberal das ist wie beim Armdrücken.

Sie sagen: Demokratie ist eine Verfahrensweise, die außer Streit stehe, liberal ist eine Ideologie.
Ja, eine Ideologie und eine darauf gebaute Regierungspraxis. Ich bin ein alter Hase, ich kann mich daran erinnern, wie es vor 30 Jahren war. Da stand ein Sozialdemokrat auf und sagte, ich bin Sozialdemokrat, und ich will die Sozialdemokratie. Dann stand ein Christ auf und sagte, ich bin Christ, ich will eine christliche Demokratie. Dann erhob sich ein Liberaler und sagte, ich bin liberal und will eine liberale Demokratie. Damals sprachen wir noch diese Sprache. Das liberale Netzwerk stellte eine neue Formel auf und baute darauf einen Feldzug. Wer ein Demokrat ist, muss liberal sein. Im Westen sagt daher sowohl ein Sozialdemokrat als auch ein Christdemokrat, ich bin ein Demokrat und liberal. Das war ein Kampf der Sprachen, der von den Liberalen gewonnen wurde. Sozialdemokraten und Christdemokraten haben ihn verloren. Und wenn man den Kampf um die eigene Sprache nicht gewinnt, gewinnt man auch das Ringen um die Inhalte nicht. Wenn Christdemokraten vorgeben, liberal zu sein, dann ist das die Quadratur des Kreises.

Nach unserem Verständnis bedeutet liberal rechtsstaatlich und illiberal autoritär. Und autoritär heißt: Man stellt die freien Medien, die unabhängige Justiz und die freie Wissenschaft unter den Einfluss der Politik. Meinen Sie das?
Ja. Die Liberalen haben diesen sprachlichen Kampf auch in Österreich gewonnen. Freiheit, Pressefreiheit, Medienfreiheit, das sind keine liberalen Kategorien. Das sind Vorbedingungen der Demokratie. Die gehören allen. Die Liberalen haben sie gekapert. Hier geschieht das noch viel brutaler als bei Ihnen. Wenn Liberale in Polen, in der Slowakei oder in Ungarn die Wahlen verlieren, heißt es gleich, das ist das Ende der Demokratie. Hier kannst du nur dann Demokrat sein, wenn du ein Liberaler bist. Das ist eine Vergewaltigung des Geistes.

Viktor Orban, Jean-Claude Juncker
Viktor Orban, Jean-Claude Juncker © (c) AP (Mindaugas Kulbis)

Wieso würdigen Sie Jean-Claude Juncker zur Karikatur herab?
Ich habe persönlich ein gutes Verhältnis zu Jean-Claude. Ich anerkenne seine Leistungen. Zwei ernsthafte Fehler haften seiner Amtszeit an. Der eine ist die Migration. Es wurden laufend europäische Lösungen versprochen, nichts wurde eingelöst. Der zweite Fehler ist, dass Juncker sich gegen den Willen der Briten zum Kommissionspräsidenten wählen ließ. Das trug zum Gefühl der Engländer bei, missachtet zu werden.

Wollen Sie damit sagen, dass Juncker schuld am Brexit ist?
Auch.

Müssen Sie so reden, um daheim Ihre Beliebtheit zu wahren?
Paradoxerweise ist das Gegenteil der Fall. Die Ungarn sind verliebt in das Wort Europa. Die sowjetische Besatzung haben sie so verstanden, dass wir aus der Familie gerissen waren. Als wir der EU beitraten, dachten alle, wir sind wieder zu Hause bei der Familie. Das ist in Ungarn eine sehr starke seelische Verbundenheit. Deshalb hat hier eine europafeindliche Politik keine Chance. Die Ungarn sind unheilbar proeuropäisch.

Warum spürt man es nicht?
Sie mögen die Spitzenpolitiker der EU nicht. Sie haben das Gefühl, dass Brüssel den Nationalstaaten keinen Respekt zollt. Die Ungarn machen einen Unterschied zwischen Europa und den Brüsseler Eurokraten. Sie sagen, Europa würde bessere Spitzenpolitiker verdienen. Sie sehen, dass die Brüsseler Migrationspolitik das Europa zerstört, in das wir uns verliebt haben.

Europa hat doch in der Zuwanderungsfrage längst eine Kurskorrektur vorgenommen. Warum stehen Sie trotzdem quer?
Ich sehe solche Anzeichen. Aber auch entgegengesetzte. Wir sehen Verrat, wir sehen, dass es in Brüssel Spitzenpolitiker gibt, die die Migration nicht verhindern, sondern sogar fördern. Wenn wir bei EU-Gipfeln ein Dokument verabschieden, wo es um Migration geht, schlagen wir Mitteleuropäer immer vor, reinzuschreiben, dass die Migration gestoppt werden muss. Die Kommission, die Franzosen, die Deutschen, die Skandinavier, die Beneluxländer: Sie wollen die Migration „managen“. Wir wollen sie aufhalten. Unsere Frage ist nicht die des Zusammenlebens, sondern wie wir vereiteln, dass diese Frage zur Frage wird. Eben deshalb trennt sich die Debatte über Migration in Westen und Osten. Im Westen stellt sich die Frage schon so, wie man mit den Folgen lebt. Und wir sprechen darüber, dass wir nicht wollen, dass es bei uns so losgeht wie bei Ihnen. Das ist eine völlig andere Denkweise. Wir sagen, wenn ihr die illegalen Migranten loswerden wollt, bringen wir sie nach Hause. Wir helfen euch. Teilen wir sie nicht auf, sondern richten wir ihre Städte her und die Regionen, wo sie gelebt haben! Dann müssen und können sie es nach Hause schaffen.

Beraubt sich eine Gesellschaft, die sich abdichtet, nicht der Weiterentwicklung durch das Potenzial der Vielfalt? Die geschichtliche Erfahrung lehrt: Abschottung ist das schwächere Konzept.
Diese Gefahr droht in diesem Teil der Welt nicht, denn hier leben wir in einer immensen kulturellen Vielfalt mit Serben, Slowaken, Kroaten, Ukrainern, Juden, Rumänen und Ungarn. Hier fehlt es nicht an kultureller Vielfalt. Wir haben Lateiner, wir haben unsere Calvinisten, unsere Orthodoxen. Das ist eine fantastische Vielfalt, seelisch und kulturell, sie tritt aber innerhalb einer einzigen, christlichen Zivilisation zum Vorschein. Das empfinden wir nicht als Abschottung und auch nicht als Absperrung.

Leiden Sie darunter, dass Sie ein Verfemter in Europa sind, oder finden Sie Gefallen daran?
Ich halte das für einen Teil des Schicksals eines Ungarn. Das ist nichts Neues. Seelisch leiden die Ungarn seit Jahrhunderten an diesem Problem. Wir sind bei der Abwehr von Attacken nicht talentiert genug. Die modernen Spielformen der Darstellung, PR, Kommunikation, Branding, all das gelingt uns Ungarn nicht gut genug. Es gibt eine ungarische Mentalität: Wenn man uns nicht versteht, versteht man uns halt nicht.

Behagt Ihnen die Geste?
Nein. Es ist eine kurzsichtige Denkweise, selbst, wenn da eine Heldenpose mitschwingt, was verführerisch, aber gefährlich ist. Letzten Endes freut mich also diese Situation nicht und ich möchte, dass wir Ungarn talentierter werden, all das darzustellen, was wir machen und weshalb wir es machen. Denn das ist eine Erfolgsstory. Wir haben das Land gegen die Migration verteidigt, es droht keine kulturelle Kollision. Wir spielen in der Region eine stabilisierende Rolle. Zu Serben, Slowaken, Rumänen pflegen wir eine gute Nachbarschaft. Wir haben fast Vollbeschäftigung und jedes Jahr mindestens zwei Prozent mehr Wachstum als die Union. All das haben wir als EU-Mitglied erreicht. Das könnte eine europäische Erfolgsstory sein.

Warum erzählen Sie sie nicht und lassen das andere?
Weil man aus ideologischen Überlegungen diesen Erfolg in Brüssel nicht anerkennen will. Es gibt einen alten und sprachlich brutalen Witz, wo diese Situation gut beschrieben wird, der geht so: Was ist der Unterschied zwischen einem Eichhörnchen und einem Stinktier? Die Antwort: Das Eichhörnchen hat eine bessere PR.

Sind Sie ein Populist?
In Amerika pflegt man stolz darauf zu sein, Europa betrachtet das als etwas Verwerfliches. Ich stehe auf der Grundlage eines amerikanischen Satzes, der das Wesen dessen erfasst, was man in Europa als Populismus bezeichnet. Es geht auf Abraham Lincoln zurück und klingt im Englischen besser als im Deutschen. From the people, by the people, for the people.

Was schätzen Sie an Trump?
Die Unerschütterlichkeit. Das ist die wichtigste Ähnlichkeit.

Mögen Sie Wien?
Ich achte Wien.

Was fehlt zum Mögen?
Ich respektiere Wien, ich schätze Wien, aber ich würde nie von Budapest nach Wien ziehen. Nicht, weil Budapest eine ungarische und Wien eine österreichische Stadt ist, sondern weil Wien für das ungarische Temperament zu kühl ist.

Budapest darf nicht Wien werden?
Das multikulturelle Wien zieht uns nicht an, wenn Sie das meinen. Wir reihen es nicht unter die Sehenswürdigkeiten. Wir schauen es uns an, aber wollen es nicht einführen. Budapest kann nicht Wien werden, es muss nicht mit Wien wetteifern, denn nur Wien kann in der Frage gewinnen, wer das bessere Wien ist. Budapest hat eine andere Kultur, es ist pulsierender, schriller, kreativer. Budapest muss Budapest sein.