Unter dem Motto "Gemeinsam gegen Gewalt" haben sich Politik, zivile Frauenorganisationen und Polizei Montag und Dienstag zu Herausforderungen und Maßnahmen zur Verbesserung der Situation bei einem Gewaltschutz-Gipfel ausgetauscht. Die Veranstaltung lief Corona-bedingt hauptsächlich online ab.

Das Motto: "Hinschauen, wo man noch besser werden kann und muss": Frauenministerin Susanne Raab und Innenminister Karl Nehammer betonten vor Beginn des Meetings, Gewalt insbesondere gegen Frauen und Kinder sei in vielen Haushalten traurige Realität. "Das kann keine Privatsache sein."

Fünf Maßnahmen ausgearbeitet

Raab und Nehammer präsentierten heute die Ergebnisse des Gipfels. Über 400 Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben laut Raab teilgenommen. Es müsse nun in manchen Bereichen "verstärkt Geld in die Hand nehmen müssen", fünf Maßnahmen habe man dazu ausgearbeitet.

  • Man wolle sicherstellen, dass es in jedem Bundesland eine Beratungsstelle für Opfer von sexueller Gewalt gibt.
  • Beratungsangebote zum Thema Zwangsehe soll es nicht nur in Wien, sondern auch in anderen Bundesländern geben, vor allem im Westen. Das soll noch in diesem Jahr geschehen.
  • Beim Thema Cybergewalt - jede dritte Frau im Land sei hier betroffen - soll es eigene Schulungen für die Mitarbeiter in Beratungsstellen geben.
  • Jede Frau im Land müsse laut Raab wissen, dass es Angebote zu ihrem Schutz gibt. Deshalb wolle sie "eine neue Informationsoffensive" starten. Das soll mit eigenen Print-Sujets und Info-Broschüren geschehen.
  • Zusammenarbeit zwischen Frauenorganisationen und Polizei sei essenziell, deshalb wolle man weiter "die Kräfte bündeln".

Nehammer spricht von einem "systemischen Ansatz", den es bei diesem Thema brauche. Ab 1. Juli 2021 startet eine "verpflichtende Beratung für Gefährder". Dazu werden nun in allen Bundesländern eigene Beratungsstellen geschaffen. Bisher habe man sich nicht um den Täter gekümmert, Wiederholungstaten seien oft die Folge gewesen. Man müsse ihm seine Verantwortung aufzeigen und das solle nun verpflichtend geschehen, wenn es zu einer Wegweisung oder eines Betretungsverbotes kommt. Kostenpunkt: 10,6 Millionen Euro auf vier Jahre gerechnet.

"Rufen Sie uns"

Opfer sollen sich an die Exekutive wenden, "denn es wird geholfen und das sicher". "Es gibt von uns null Toleranz gegenüber Gewalt", es sei also wichtig, "dass Sie uns rufen". Nun gelte es, "Gewaltnarrative und die daraus entstehende Gewaltspirale" zu durchbrechen.

Die Zahl der Wegweisungen während des zweiten Lockdowns ist nach einem Rückgang im Sommer nun wieder gestiegen, erklärt Raab. Einen Höhepunkt habe es im ersten Lockdown und in den Monaten danach gegeben.

Mehr Geld für Arbeit mit Tätern

Der Bund übernimmt die Kosten für die im Rahmen des 2019 beschlossenen Gewaltschutzpakets eingeführten Kurse für Gewalttäter. Außerdem werden die Stunden von drei auf sechs aufgestockt, gab die Frauensprecherin der Grünen, Meri Disoski, am Montag via Aussendung bekannt. Im Nationalrat beschlossen werden soll die Neuerung noch im Dezember.

Das ursprüngliche Konzept der sogenannten Gewaltpräventionszentren habe vorgesehen, dass Täter Gewaltpräventionstraining im Ausmaß von drei Stunden absolvieren und die gesamten Kosten dafür selbst tragen müssen. Für einkommensschwächere Familien stelle das eine Belastung des Familienbudgets dar, die sich negativ auf Opfer von Gewalt auswirken kann, erinnerte Disoski am Montag an damals hervorgebrachte Kritik. Drei Beratungsstunden seien damals von Experten außerdem als unzureichend erachtet worden, um Verhaltens- und Einstellungsänderungen bei Gewalttätern bewirken zu können.

Zahl der Betretungsverbote steigt

Im Jahr 2019 gab es in Österreich 8.748 Betretungsverbote. Davon wurden 920 in der Steiermark verhängt, wobei 1029 Personen Opfer von Gewalt gemeldet wurden. In Kärnten gab es 548 Betretungsverbote. Prozentuell, gemessen an jeweils 100.000 Einwohnern, ist die Zahl der verhängten Betretungsverbote in Wien am höchsten. Die Zahlen im Jahr 2020 stiegen beträchtlich.

83 Prozent der Opfer familiärer Gewalt waren im Jahr 2019 Frauen und Mädchen, 90 Prozent der Gefährder waren männlich.

"Jede von Gewalt betroffene oder bedrohte Frau hat in Österreich einen Zufluchtsort. Diese Signale sind besonders jetzt in der Lockdown-Zeit wichtig, für die Experten einen möglichen Anstieg von häuslicher Gewalt prognostizieren", betonte Raab. "Mit dieser Veranstaltung wollen wir gemeinsames und deutliches Signal gegen Gewalt an Frauen und Kindern setzen und zur Sensibilisierung beitragen", kündigte Nehammer an.