Laut Eurostat sind in der EU rund 23 Millionen Kinder unter 18 Jahren von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht. Das ist fast jedes vierte Kind. „Es ist leider davon auszugehen, dass Kinderarmut als Folge der Covid-19-Krise noch häufiger anzutreffen sein wird“, sagt Tony Murphy vom Europäischen Rechnungshof in Luxemburg. Seine Behörde hat überprüft, was die EU zu den bestehenden Maßnahmen der Mitgliedsländer im Kampf gegen diese Armut beiträgt.

Das Ergebnis ist ernüchternd. Zwar gibt es seit 2013 eine Empfehlung der Kommission und Programme im Rahmen des Europäischen Semesters, aber wie so oft sind die Details den Mitgliedsländern überlassen. Die EU-Kommission kann deren Bemühungen aber rechtlich und finanziell unterstützen. Die Empfehlung von 2013 nennen die Prüfer zwar eine "positive Initiative", allerdings seien die von der EU-Kommission vorgesehenen Maßnahmen nur selten speziell auf den Kampf gegen Kinderarmut zugeschnitten. Den Prüfern war es unmöglich, den Stand von umgesetzten Maßnahmen zu erkennen, da „messbare Zielvorgaben und Meilensteine fehlen“.

Es sei nicht bekannt, in welcher Höhe Finanzmittel direkt für die Bekämpfung der Kinderarmut bereitgestellt wurden oder was in diesem Bereich erreicht wurde. Mit Blick auf die Zukunft warnen die Prüfer davor, dass aufgrund dieses Mangels an Informationen die Gefahr besteht, dass bei der Gestaltung der künftigen Europäischen Kindergarantie oder anderer politischer Initiativen möglicherweise keine geeigneten Maßnahmen ergriffen werden oder angemessene Mittel zur Verfügung stehen.

Klare Leitlinien und Transparenz empfohlen

Genau dort setzt der Rechnungshof nun an und empfiehlt klare Leitlinien mit länderspezifischen Maßnahmen, einen konkreteren Aktionsplan innerhalb der „europäischen Säule sozialer Rechte“ und dass Kinder bei der Verteilung entsprechender EU-Finanzmittel zur ausgewiesenen Zielgruppe werden.

In Österreich liegt der Anteil der von Armut bedrohten Kinder bei 21,6 Prozent. Zum Vergleich: Den besten Wert hat Slowenien (13,1 Prozent), den schlechtesten Rumänien (38,1 Prozent). Dabei wird nicht einmal überall gleich gemessen, es gibt jeweils eigene Sozialindikatoren. Im Bericht werden Studien erwähnt, wonach Investitionen im Kindesalter „zu relativ geringen finanziellen Kosten einen lebenslangen Gewinn für den Einzelnen und für Gesellschaften und Volkswirtschaften“ bringen. Das EU-Parlament schlug letztes Jahr eine „Europäische Kindergarantie“ vor, hier liegt der Ball für die Umsetzung nun bei der Kommission.

Die Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung ist ein integraler Bestandteil der Strategie Europa 2020, in der das Ziel festgelegt ist, bis 2020 die Anzahl der von Armut betroffenen Menschen um mindestens 20 Millionen zu verringern. Die Prüfer weisen darauf hin, dass die Fortschritte hinsichtlich dieses Ziels bisher begrenzt sind, und dass es wahrscheinlich nicht erreicht wird.