Wie schon am Vortag ist am Donnerstag Oberösterreich Österreichs "Hotspot" an Neuinfektionen mit dem Coronavirus gewesen. Die Zahl der Neuerkrankten ging aber immerhin von 61 auf 42 zurück, die für das gesamte Bundesgebiet von 107 auf 68. "Es hat sich wieder normalisiert. Aber es ist noch immer ein Wert, der mir persönlich zu hoch ist", sagte dazu Gesundheitsminister Rudolf Anschober(Grüne).

Da es im Tagesvergleich (Stand: 12.00 Uhr) nur 23 Genesene gegeben hat, stieg die Zahl der bundesweit aktuell Erkrankten um weitere 45 auf 722 an. Am Dienstag waren es noch 583 gewesen. Das deutliche Plus bei den Neuinfektionen sei eine Folgewirkung des "durchaus beachtlichen" Ansteckungsherds in Oberösterreich, wo u.a. mit Schul- und Kindergartenschließungen in mehreren Regionen Maßnahmen gesetzt wurden. Die oberösterreichischen Behörden hätten konsequent und rasch reagiert, sagte der Minister.

Seit Mittwoch beobachte Anschober eine "im regionalen Bereich von uns erwartete, aber durchaus mit Sorge zu sehende Entwicklung". Die Daten aus Oberösterreich seien eine Zuspitzung, generell sei mit einer Erhöhung der Fallzahlen in der aktuellen Phase 3 im Kampf gegen das Coronavirus aber gerechnet worden, sagte er bei einer Pressekonferenz am frühen Vormittag in Wien. Ziel sei, den Anstieg rasch wieder "einzufangen", verwies er auf rasches Kontaktpersonen-Management.

Umfasste bereits 99 Personen

Zumindest im weiteren Lauf des Vormittags weitete sich der oberösterreichische Corona-Cluster, in dessen Zentrum eine freikirchliche Gruppe steht, jedenfalls immer mehr aus. Er umfasste dann bereits 99 Personen, hieß es seitens des Landes Oberösterreich. Mit Stand 12.00 Uhr zählte man im Bundesland insgesamt 236 Infizierte, am stärksten betroffen war der Zentralraum.

Kritik an den Schulschließungen in Oberösterreich kam von den NEOS. Dass als erste Maßnahme ausgerechnet die flächendeckende Schließung von Schulen und Kindergärten durchgeführt wurde, lässt für Parteichefin Beate Meinl-Reisinger nichts Gutes für den Herbst erwarten. Für die Absage von Indoor-Veranstaltungen habe es hingegen nur eine Empfehlung gegeben. Meinl-Reisinger forderte bei einer Pressekonferenz zudem eine ordentliche Teststrategie und Transparenz.

Ähnlich urgierte SPÖ-Klubobfrau Pamela Rendi-Wagner bei einer Pressekonferenz als zentrale Förderung erneut mehr und schnellere Tests als "Effiziente und schnelle Virusbremse". "Einen neuerlichen Shutdown können wir uns schon rein wirtschaftlich nicht leisten", meinte Rendi-Wagner. Angesichts der derzeitigen Situation mit steigenden Fallzahlen in einzelnen Clustern sei zwar keine Panik angebracht, sehr wohl aber "große Achtsamkeit". "Ein österreichweiter Ausbruch muss verhindert werden."

Und am Donnerstag wurde auch ein großes Screeningprogramm auf SARS-CoV-2 angekündigt. Mit nächster Woche sollen bundesweit gezielt Personen- und Berufsgruppen angesprochen werden, in denen die Situation genauer beobachtet werden soll. "Wir gehen von einer zusätzlichen benötigten Kapazität von 25.000 bis 30.000 Tests pro Woche aus", sagte Ulrich Herzog, stellvertretender Sektionsleiter für Verbrauchergesundheit und Veterinärwesen im Gesundheitsministerium, bei einer Pressekonferenz.

Untersucht werden sollen Personen ohne Symptome in potenziellen Risikobereichen. Grob definiert: Pflege- und Altenheime mit Personal und Bewohnern, sonstige Gesundheitseinrichtungen (Arztpraxen, Krankenhäuser etc.) und Logistikunternehmen sowie beispielsweise große Betriebe der Fleischverarbeitungsbranche. Hinzu kämen Personen in prekären Arbeits- und Wohnverhältnissen. Die Kosten können bis Ende 2020 rund 240 Millionen Euro betragen, ließ Anschober wissen.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) kündigte an, dass trotz regional steigender Fallzahlen keine österreichweiten Verschärfungen der Maßnahmen im Kampf gegen die Pandemie geplant seien. "Das Wichtigste ist, dass es ein regionaler Ausbruch bleibt", hieß es in einem Pressestatement. Es gelte mit aller Kraft, eine "Ausbreitung darüber hinaus" zu verhindern. Dafür müsse alles unternommen werden. Egal, wo solche Ausbrüche auftreten könnten, sei es immer vordringlich, "die Infektionsketten zu trennen."

Kurz absolvierte zudem am Donnerstag den vierten Video-Call mit Amtskollegen aus sogenannten "Smart First-Mover-Countries". Diesmal dabei waren die Staats- und Regierungschefs aus Tschechien, Griechenland, Norwegen, Israel, Costa Rica und Australien. Es ging um Erkenntnisse aus bisherigen Lockerungen und einer Kooperation zur Entwicklung von Medikamenten und Impfstoffen. Die Entwicklung der Pandemie sei wie eine "Ziehharmonika" mit Fortschritten und Rückschlägen, stellte Kurz fest.

Ganz und gar nicht zu diesen smarten Ländern gehören die USA. Am Mittwochabend (Ortszeit) wurden im Land erstmals während der Pandemie für 24 Stunden mehr als 50.000 Neuinfektionen gemeldet. Die Gesamtzahl jemals in den USA Infizierter beträgt 2,682 Millionen. Die Todeszahl stieg um 706 Opfer auf gesamt 128.028. Große Sorgen gibt es mit Blick auf den Unabhängigkeitstag an diesem Samstag: US-Bürger zieht es da zu Familientreffen und Picknicks ins Freie. Außerdem gibt es große Feuerwerke.

Ganz woanders liegt die Sorgenverteilung in italienischen Badeorten aus. Hier ist ein "Strändekrieg" zwischen dem Norden und Süden um Touristen entbrannt. Auslöser ist eine Werbekampagne in der südlichen Region Kalabrien. Es wird dabei mit der Sicherheit der Strände im Gegenteil zu jenen Norditaliens argumentiert. Das löste im Norden empörte Reaktionen aus, "Wie kommt es, dass die Strände Kalabriens schön, aber leer sind. Dafür wird es Gründe geben", konterte Luca Zaia, Präsident der Region Venetien.