Nach der Sitzung am Donnerstag wird das Risiko für Gesamtösterreich nun mit mittel bewertet, damit ist das Land als ganzes gelb. Bei den Bundesländern sind nun nur noch das Burgenland und Kärnten gelb-grün. Neben den schon bisher gelben Bundesländern Salzburg, Tirol und Vorarlberg sind nun auch Wien, Nieder- und Oberösterreich sowie die Steiermark gelb eingefärbt.

Die Corona Kommission beobachtet seit mehreren Wochen einen steigenden Trend der Fallzahlen, hieß es am Donnerstag in einer Aussendung. Die Belastung des Gesundheitssystems sei vorerst auf niedrigem Niveau, die Covid-spezifische Belastung der Intensivstationen lag per 17. August bei 2,95 Prozent, bezogen auf alle gemeldeten Erwachsenen-Intensivbetten Österreichs. Die Prognoserechnungen zeigen einen Anstieg der Auslastung von Intensivstationen auf ein Niveau von 5,8 Prozent am 1. September 2021. Die Durchimpfungsrate mit einem ersten Stich habe ein Niveau von rund 67 Prozent der impfbaren Bevölkerung (ab zwölf Jahren) erreicht und liege in der Gruppe der über 65-Jährigen bereits bei rund 86 Prozent, so die Kommission.

Wir bewegen uns entlang am "Worst Case Szenario"

Die Kommission wies auch darauf hin, dass das Covid-Prognosekonsortium Anfang Juli Simulationsrechnungen mit einem Zeithorizont bis Ende September erstellt hat. "Ein Abgleich der simulierten Szenarien, die von unterschiedlichen Impfszenarien ausgehen, mit der tatsächlichen beobachteten Entwicklung zeigt, dass sich das Infektionsgeschehen seit Mitte Juli ungünstig entwickelt hat und den Verläufen der Worst Case Szenarien folgt." Ausschlaggebend dafür sei neben der transmissibleren und virulenteren Delta-Variante der zurückgegangene Impffortschritt, "der sich im August gegenüber Juni 2021 um rund 85 Prozent reduziert hat", so die Corona-Kommission. "Angesichts einer aktuellen Durchimpfung von rund 61 Prozent (erste Teilimpfung) der Gesamtbevölkerung erscheinen die notwendigen Durchimpfungsraten von 80 Prozent und mehr bis Ende September 2021 kaum noch erreichbar."

Dementsprechend betonte die Kommission, dass die Auslastung der Intensivstationen derzeit noch gering sei, "jedoch maßgeblich von der Entwicklung des Durchschnittsalters der Infizierten und deren Immunisierungsstatus abhängig". "Bereits jetzt beginnt das Durchschnittsalter der Infizierten und auch die ICU-Auslastung zu steigen", so die Kommission. "Es ist plausibel anzunehmen, dass sich das Infektionsgeschehen - ähnlich wie im Herbst 2020 - beginnend von jungen Personengruppen wieder auf ungeimpfte ältere und damit vulnerablere Personengruppen ausdehnen wird und es dort, wie bisher, zu Häufungen von schweren Verläufen vorrangig bei Ungeimpften kommen wird", hieß es.

Die höheren Durchimpfungsraten bei älteren Personengruppen könnten diese Entwicklung zwar verlangsamen, jedoch, wie die Kommission betonte, "reicht die gegenwärtige Durchimpfungsrate der Gesamtbevölkerung angesichts der virulenteren und transmissibleren Delta-Variante aktuell nicht aus, um erneute Überauslastungen von Intensivstationen im Zuge des Herbstes und Winters 2021 auszuschließen". Hinzu komme der saisonale Effekt, der im Herbst "wegen weniger UV-Einstrahlung, mehr Indooraktivität etc. die Virusverbreitung zusätzlich beschleunigen" werde.

Nicht-immunisierte Bevölkerung hauptsächlich betroffen

Das aktuell beobachtete Infektionsgeschehen betreffe in erster Linie die nicht-immunisierte Bevölkerung. Mehr als 80 Prozent der inzidenten Fälle entfallen derzeit auf nicht-immunisierte Personen, was die Effektivität der Impfung unterstreicht, betonte die Kommission. Bei der Clusteranalyse der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) sei ein hoher Anteil an Fällen bzw. Clustern mit Reiseassoziation festgestellt worden. "Die Corona Kommission empfiehlt daher neuerlich den Impffortschritt mit sämtlichen möglichen Mitteln und Anreizen zu beschleunigen", hieß es.

Dabei empfahl die Kommission neben dem Schulbereich "auch gezielte Aktionen für HochschülerInnen". Dazu sollten nach den Vorstellungen des Gremiums "die schrittweise Wiedereinführung von Präventionsmaßnahmen vorangegangener Verordnungen" kommen.

Auch empfahl die Corona Kommission, "zeitnahe durch den Bund eine datenschutzrechtliche Klarstellung hinsichtlich der Weitergabe des personenbezogenen Impfstatus von Hospitalisierten bzw. PatientInnen, die auf der ICU (Intensiv Care Unit - Intensivbetten, Anm.) behandelt werden, zu treffen bzw. erforderlichenfalls bundesseitig eine datenschutzrechtliche Grundlage für eine solche Weitergabe zu schaffen". Bis zu dieser datenschutzrechtlichen Klärung sollten Landesdienststellen "die Bereitstellung dieser Informationen in einer auf Bundesländerebene aggregierten Form täglich" ermöglichen.

Infektionen bei Geimpften in Wien zwölfmal geringer

Wie zuletzt die Zahlen aus Kärnten zeigen auch jene aus Wien, dass bei Corona-Patienten in Krankenhausbehandlung ein Großteil ungeimpft ist. So fand sich von 16 Intensivpatienten aktuell genau einer, der vollimmunisiert war, ohne das eine Immunsupprimierung vorlag. Ebenso zeigt ein erstmals veröffentlichter Vergleich der Sieben-Tages-Inzidenz zwischen Vollimmunisierten und nicht vollständig gegen das Coronavirus Geimpften einen Unterschied von mehr als dem Faktor zwölf.

Den Angaben des medizinischen Krisenstab der Stadt Wien zufolge lag der Anteil bei Patienten in Intensivbehandlung mit Stichtag 18. August bei fast 94 Prozent, bei denen entweder keine Vollimmunisierung vorlag, oder diese durch eine Immunsupprimierung beeinträchtigt war. Bei exakt 16 Personen auf einer Intensivstation bleibt somit ein Patient mit Vollimmunisierung.

Von den weiteren 15 Wiener Patienten in Intensivbehandlung waren zwölf ungeimpft, einer erst teil-immunisiert und zwei zwar bereits vollimmunisiert, aber immunsupprimiert. Eine Immunsupprimierung liegt etwa bei Menschen vor, deren Immunsystem durch entsprechend notwendige Therapien abgeschwächt wurde, etwa infolge einer Krebserkrankung. Ähnlich wie die Zahlen aus Wien (Stichtag Mittwoch) waren jene aus Kärnten: Hier mussten mit Stand Dienstag fünf Patienten wegen einer Corona-Infektion auf einer Intensivstation behandelt werden, vier davon waren nicht geimpft.

Die zunehmenden Impfraten und ihre Auswirkungen auf die Infektionszahlen zeigt sich auch im Vergleich der Sieben-Tages-Inzidenzen, wenn man hier die zwei Gruppen der Nicht-Vollimmunisierten mit jener Vollimmunisierten vergleicht. In der vergangenen Woche, Kalenderwoche 32, zeigt sich bei der Gruppe der bereits Durchgeimpften hier ein Wert von 16,6 Corona-Fällen je 100.000 - bei der anderen Gruppe lag dieser Wert 12,5-mal höher bei 209 Fällen. Ende Februar, Anfang März fiel dieser Faktor noch rund 50 Prozent geringer aus, da damals bei den Vollimmunisierten der Anteil an älteren und damit aufgrund des Immunsystems für eine Infektion anfälligeren Personen noch höher lag.