Drei Stunden später stand er immer noch da. Der etwa 13-jährige Bub im Park, der die Kirche mit dem höchsten Turm der Stadt umgibt. Er hatte eine Kamera dabei mit einem riesigen Tele-Objektiv, das er immer wieder auf die Turmspitze richtete und dabei ein Foto nach dem anderen schoss.
Meine Neugier war geweckt. Was er denn dort oben sehe, fragte ich. Junge Wanderfalken, erwiderte er, und ihre Alten. Aha, dachte ich. Was ist so besonders an diesen Vögeln. Dass Falken sogenannte Kulturfolger sind, also auch in Städten heimisch, wusste ich ja.

In der Folge nahm ich bei dem jungen Experten Nachhilfe. Und erfuhr so einiges. In Österreich gebe es derzeit nur rund 200 Brutpaare des Wanderfalken. Er sei also durchaus bedroht. Das stehe im Gegensatz zu seiner weltweiten Präsenz. Außer an den Polkappen und in zentralen Wüstengebieten kämen Wanderfalken überall vor. Sie seien die weitest verbreiteten Vögel der Welt, erfuhr ich.

Diesen künstlichen Horst, so erfuhr ich, habe ein örtlicher Ornithologe vor sieben Jahren angelegt, heuer habe er erstmals Bewohner.
Noch einen Rekord hält der Wanderfalke: Er ist mit einem Sturzflug von bis zu 320 Stundenkilometer das schnellste Tier der Welt. Und das bei einem Durchschnittsgewicht von etwa einem Kilogramm. Zum Vergleich: Vor dem Öffnen des Schirms fliegen Fallschirmspringer der Erde mit etwa 200 Stundenkilometern entgegen.

Nach etwa einer Stunde war ich voll der Bewunderung des Wanderfalken. Aber noch mehr bewunderte ich einen jungen Menschen, der jenseits von TikTok oder Facebook der analogen Welt so viel Aufmerksamkeit und Zeit widmet.