Als erste Frau spielt Léa Seydoux im James-Bond-Film "Keine Zeit zu sterben" zum zweiten Mal die weibliche Hauptrolle. Fast parallel ist sie in der Tragikomödie "France" und dem Drama "Die Geschichte meiner Frau" auf der Leinwand zu sehen. Nun kommt die Komödie "The French Dispatch" mit ihr ins Kino. Im dpa-Interview spricht die 36-jährige Französin vergnügt über zu wenig Schlaf, die Arbeit mit Regisseur Wes Anderson und das Drehen von Nacktszenen.

Sie waren gerade in den USA, jetzt sind Sie in London. Sie fliegen momentan hin und her, um James Bond und andere Filme zu promoten. Sie müssen erschöpft sein.
Ja, ich bin erschöpft. Und ich weiß nicht wirklich, welcher Tag heute ist, wie viel Uhr es ist, oder was auch immer. Ich habe mein Zeitgefühl verloren.

Wie kriegen Sie Beruf und Privatleben unter einen Hut?
Ich bin vor viereinhalb Jahren Mutter geworden. Und seit dem Moment, wo mein Baby geboren wurde, bin ich müde. Ich schlafe nicht mehr. Es klingt schrecklich und sehr pessimistisch, aber daran muss man sich gewöhnen. Ich habe einfach aufgehört zu schlafen. Ich trage eine Menge Make-up, deshalb sieht man mir das nicht an.

Sind Sie ein Workaholic?
Das Kuriose ist, dass ich Arbeit eigentlich hasse. Ich arbeite nicht gern.

Ach, kommen Sie!
Naja, ich hasse und liebe es. Ich kann sehr nachdenklich sein. Ich liebe es nachzudenken. Ich kann stundenlang verharren und drei Stunden lange eine Pflanze beobachten. Das ist kein Problem für mich. Ich muss mich nicht ständig beschäftigen. Aber es stimmt, ich habe viel gearbeitet. Und ich weiß gar nicht, wie das passiert ist. Das wird zu einer Gewohnheit. Allerdings muss ich arbeiten, weil es meine Verbindung zur Welt ist. Ich hatte immer schon Angst vor Chaos. Arbeit ist auch ein Weg, um sein Leben zu organisieren.

Regisseur Wes Anderson hat die Rolle in "The French Dispatch" speziell für Sie geschrieben. Was war Ihr erster Eindruck, als er Ihnen das Drehbuch geschickt hat?
Er hat mir das Drehbuch nicht geschickt, sondern nur meine Zeilen. Es war sehr abstrakt. Er hat mich gefragt: "Würdest du das machen?" Er war sehr höflich. Und ich habe gesagt: "Natürlich Wes, für dich würde ich alles machen." Schließlich will jeder mit ihm drehen. Aber ich wusste nicht viel. Das finde ich so spannend daran. Ich finde es toll, wie ein Kunstwerk anfangs nur eine Idee ist und dann zu einem Objekt wird. Mit Wes ist es genauso. Er ist als einer von wenigen Regisseuren ein echter Poet. Es kommt alles aus seiner Vorstellung. Er folgt keinem Trend. Er ist ein Freigeist, der seine eigene Sprache erschaffen hat. Das finde ich faszinierend.

Sie spielen eine Gefängniswärterin, die einem Häftling Akt steht. Sie sind sehr streng und dann ...
... sehr freizügig! (lacht) Das liebe ich an der Figur, das Paradoxe. In einem Moment sehen wir sie komplett nackt, im nächsten ist sie total zugeknöpft. Ich liebe den Kontrast. Für so eine kleine Rolle hat sie eine große Dimension. Und ich mag die Extreme - die Hitze und das Kühle, sie ist tough, aber auch sehr verletzlich.

Ist es unangenehm, diese sehr freizügigen Nacktszenen zu filmen? Schließlich sind ja viele Leute am Set.
Nein, nicht als ich nackt war. Da wurde das Set geschlossen. Jedes Mal, wenn ich in der Vergangenheit Nacktszenen gedreht habe, war das so. Allerdings sehen es dann ja doch alle auf der Leinwand. (lacht) Es ist schon ein wenig unangenehm. Aber es ist wunderschön gefilmt in schwarz-weiß. Das hat mir also nichts ausgemacht. Mich stört Nacktheit überhaupt nicht. Ich finde Nacktheit schön.