Für Drehbuchautoren von TV-Seifenopern wäre es der Idealzustand: Erfolgreiche Schauspielerin trifft auf einen Prinzen und es kommt, wie im Märchen geschrieben steht: Verliebt, verlobt, verheiratet und sie reiten gemeinsam in den Sonnenuntergang. Im vorliegenden Fall müssten danach allerdings die Kollegen vom Dramafach übernehmen, denn vor den Sonnenuntergang sind längst dunkle Wolken gezogen. Erklären muss man das übrigens fast niemandem mehr, denn das royale Drama, das sich seit der Hochzeit im Mai 2019 vollzogen hat, ist globales Gossip-Gemeingut. Kein Wunder: Am Marktplatz der Aufmerksamkeitsökonomie ist royaler Tratsch und Klatsch die billigste Handelsware.

Dass Meghan Markle, die am Mittwoch 40 Jahre alt wird, hier einmal, je nach Lesart, die böse Königin sein wird, dürfte sie sich vermutlich auch nicht träumen haben lassen, zumal der Grat zwischen Traum und Albtraum hier mehr als schmal ist. Ihre Schauspielkarriere startete sie nach dem erfolgreichen Studium passenderweise in der Seifenoper „General Hospital“. Nach weiteren kleinen Rollen in diversen Serien, ging es mit ihrer Rolle als Anwaltsgehilfin Rachel Zane in der Serie „Suits“ (auf Netflix in der Flatrate und bei Amazon zu kaufen) karrieretechnisch steil nach oben. In Los Angeles geboren, wechselte sie auch in Hollywood auf die Überholspur.


Doch Markle hätte auch ohne Prinz Harry gut und gerne ihr Auslangen gefunden. Neben ihrem Job als Schauspielerin war sie mit einem Blog – von gesunder Ernährung über Mode bis hin zu Kosmetik – höchst erfolgreich. Nicht zu vergessen, dass sie sich lange vor der Beziehung für karitative Belange und Frauenrechte einsetzte. Und da stehen wir nun: Eine Frau, die wahlweise zum globalen Hassobjekt oder zum Idol stilisiert wird. War die Gegnerschaft ihrer Schwiegermutter Diana noch die britische Boulevardpresse und Horden von Paparazzi, muss sich Meghan Markle oder auch Duchess of Sussex, auf Social Media mit einer übermächtigen Gegnerschaft auseinandersetzen. Gewinnen lässt er sich nicht, der Krieg, eigentlich nur verlieren.


Die Lager sind gespalten: In Großbritannien herrscht latente Anti-Meghan-Stimmung und das nicht erst, als sie gegenüber US-Moderatorin Oprah Winfrey in einem TV-Interview den unmenschlichen Druck und Rassismus im Königshaus kritisierte. Die Kritikspanne ist weit: Zwischen Herrenreiter-Dünkel und hysterischem An-den-Pranger-Stellen ist alles mit dabei. Ganz allgemein formt sich das Bild von einer manipulierenden Frau, die den Prinzen unter ihrer Fuchtel hat.

Auf der anderen Seite des Atlantiks schaut es jedoch ganz anders aus: Team Hollywood stellt sich ganz klar auf die Seite der ehemaligen Schauspielerin: „Danke Meghan für deine Courage und Führungsstärke. Wir alle sind gestärkt und inspiriert von dir“, schrieb etwa Popstar Beyoncé im März auf ihrer Webseite. Auch auf die Unterstützung von Michelle Obama kann sie zählen, denn Markle wird in den USA auch als Opfer von Rassismus gesehen. Und als Opfer einer Institution, die auch im 21. Jahrhundert nicht bereit ist, sich zu modernisieren, die genauso starr und unerbittlich scheint, wie ihre unverwüstlichen Palastmauern. Das britische Königshaus nimmt hier eine Stellvertreterrolle ein.



Unter diesen Gesichtspunkten hat die Geschichte längst die Klatschspalten verlassen – sie ist auch Sinnbild für eine gesellschaftspolitische Bruchlinie: Das Beharren auf einer Welt von gestern, deren Antrieb die Angst vor Positionsverlust und Meinungshoheit ist. Die Windsors haben vorläufig die Chance verspielt, hier Vorreiter zu sein und somit symbolträchtig in die Zukunft zu investieren. Doch Optimisten sehen noch Raum für eine Versöhnung. Dafür spricht, dass die Palasttüren des Buckingham Palastes so massiv sind, dass das Zuschlagen ohnehin lange dauert.