Es gibt sie in jedem Kasten. Diese dunklen Ecken, die man meiden sollte. Dort sind sie begraben, die Kleider, die oft noch nicht einmal ausgeführt wurden. Die nie das Tageslicht gesehen haben. Die ein Schattendasein führen. Aber es war eben so ein gutes Schnäppchen. Und man muss ja nur den Bund kürzen, den Knopf annähen, den Saum rauslassen oder ein bisschen abnehmen ...

In Sachen Mode ist der Mensch über Gebühr kompromissbereit. Zumindest, wenn es darum geht, sich ein Kleidungsstück schönzureden. Zum Trost: Einmal sind sich Frauen und Männer in ihren Verhaltensweisen ähnlich. Gilt auch für: Augen zu und wegschmeißen.

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Dabei haben in den vergangenen Jahren etliche Secondhand-Plattformen das Potenzial dieser ungehobenen Schätze längst für sich entdeckt. Zum Verkaufen, aber vielmehr noch zum Kaufen. Es ist ein erster Schritt hinaus aus dem Kreislauf des Hyperkonsums. Immer neu, immer mehr, immer öfter. Modeschöpferin Vivienne Westwood predigte im Vorjahr vor 500 Studenten der Hochschule Niederrhein in Mönchengladbach: „Kauft weniger, sucht sorgfältig aus, lasst es beständig sein.“ Nun gibt es ja die Generationen, die ohne Rücksicht auf optische Verluste die Mode der Geschwister „auftragen“ mussten.

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Das galt für den Ski-Overall in Knallfarben sowie für die selbst gestrickten Pullunder von der Omama. Die mit den von Hand gestickten Schäfchen vorne drauf. Ja, die, die heute in jedem Vintage-Laden wieder weggehen wie die warmen Semmeln. Früher ein Zwang durch die Eltern, ist Secondhand in der Hipster-Bewegung das Nonplusultra. Es ist an der Zeit, das Trauma zu überwinden, und den Komfort von Dr. Martens, die bereits eingegangen sind, und die Klasse einer wirklich eingetragenen Barbour-Jacke zu schätzen. Es ist nicht nur die Qualität dieser Stücke und Marken, die überzeugen, vor allem auch im Preis. Echte Basics und Klassiker, die neuwertig mehrere Hundert Euro kosten wie besagte Barbour-Jacke oder der Klassiker von Burberry, der Trenchcoat, lassen sich um wenig Geld dort finden.Diese Schnäppchen bilden oft eine gute Ausgangsbasis für Mode, mit der man nie falsch angezogen ist. Es soll sie ja geben, die Tage, an denen man nichts im Kasten findet, das passen will. Und da gibt es ja diese dunklen Ecken, vor denen man sich unbedingt in Acht nehmen sollte.