Eltern kennen es, Kinder erleben es, Großeltern erfahren es: Unverständnis der jeweils anderen Altersgruppe(n) für das eigene Denken und Tun. Prallen Sicht- und Handlungsweisen der Generationen aneinander, wird der Ton lauter, das Kopfschütteln intensiver, die Argumente platter und wahlweise das Wundern oder die Wut über das Gegenüber größer. Willkommen im Familienkrach!

Emanzipation durch Eskalation, Selbstbehauptung durch Abgrenzung – man kann es als fixen Baustein der Evolutionsgeschichte abtun. Eltern pubertierender Kinder wissen, was gemeint ist. „Alles eine Phase“, beruhigen Erziehungsratgeber. Tatsächlich glätten sich Konflikte, beruhigen sich Befindlichkeiten, verbreitet sich Verständnis. Aber eine Grundanspannung zwischen den Generationen bleibt. Auch das sei normal, beruhigen Psychologen, weil Vergangenheit auf Zukunft trifft, Tradition auf Fortschritt, Lebenserfahrung auf Entdeckergeist, Routine auf Neugier. Das sorgt für beständige soziale Dynamik. Um dabei die Übersicht zu behalten und sich selbst besser zu verstehen, hat sich die Gesellschaft eine Art Epochenmodell wie in der Kunstgeschichte oder Musik geschaffen. In dieser Matrix werden Jahrgangsgruppen unter Buchstaben-Kürzeln katalogisiert: X, Y, Z – jedem Dezennium seine Chiffre.

Das war nicht immer so. Für das Fundament dieser Alterspyramide fand man noch andere Etikettierungen. Nach den „Traditionalisten“, geboren zwischen den 1920ern und dem Ende des Zweiten Weltkriegs, kam die bis zum Mythos überhöhte „68er-Generation“ (geboren in den wirtschaftlichen Aufbau- und gesellschaftlichen Aufbruchsjahren bis 1955). Es folgten die „Babyboomer“, geboren bis zu Beginn der 1970er-Jahre, die bis heute geburtenreichsten Jahrgänge. Sie sind das eine Extrem, an dem die nachfolgende „Generation X“ – die heute 40- bis 50-Jährigen „zu knabbern“ haben: Ihre Elterngeneration ist eine in Sachen „Aufbau“ und wirtschaftlichem Erfolg (fast) uneinholbare Benchmark. Erstmals funktioniert der Automatismus, dass es der Kinder-Generation besser als ihren Eltern gehen wird, nicht mehr. Das, obwohl es vielfach die erste Generation ist, bei denen beide Partner berufstätig sind.

Auf der anderen Seite gerät die „Generation X“ durch die eigenen Nachkommen zunehmend unter Druck. Die „Y“- und „Z“-Kinder wachsen globalisierter, technikaffiner und mobiler auf. Unterlegt von einem technologischen Fortschritt, der den Alltag in allen Facetten überprägt und permanente Veränderung zur Konstante macht. Tradierte Wertegerüste stürzen ein, im Berufsalltag wird das Senioritätsprinzip – „Ehret und entlohnet das Alter, statt die Leistung“ – zum Konfliktfeld. Die Vereinbarkeit von Beruf und Freizeit wird wichtiger, Besitz und Familie neu definiert.

Und die „Generation X“? Flüchtet in Zynismus, leidet unter Depressionen, optimiert sich Richtung „ewiger Jugend“. Vor dem Älterwerden und den damit verbundenen Konflikten mit dem Nachwuchs rettet sie das aber nicht.