Wen die Galluresi einander zuprosten, wünschen sie einander in ihrem markanten Dialekt „A zent’ anni“. Auf hundert Jahre. Und das ist nicht nur so dahergeredet: Sardinien gehört zu jenen fünf „Blauen Zonen“ weltweit, in denen besonders viele Menschen hundert und mehr Jahre alt werden.

Auf Italiens zweitgrößter Insel leben derzeit knapp 400 Hundertjährige. Die Demografen Giovanni Pes und Michel Poulain erforschten die Lebensgewohnheiten der langlebigen Sarden. Als Gründe für das hohe Alter der Bevölkerung machten sie die leichte mediterrane Ernährung und den typisch sardischen Rotwein „Cannonau“ aus, der Polyphenole und Antioxydantien enthält.

Der Leuchtturm von Capo Testa ist der nördlichste Punkt Sardiniens
Der Leuchtturm von Capo Testa ist der nördlichste Punkt Sardiniens © Simon Dannhauer/stock.adobe.com

In Tempio Pausania am Fuße des Monte Limbara haben wir Redenta („die Erlöste“) Muntoni besucht, die heuer 103 Jahre alt wird. Die energische Nonna ist zwar schon etwas schwerhörig, aber körperlich und geistig fit. Es gebe kein besonderes Rezept, so alt zu werden, resümiert sie im Kreise ihrer großen Familie. Allerdings sei sie zeit ihres Lebens jeden Morgen zur heiligen Messe gegangen. Und bis ins hohe Alter habe sie täglich oben von den Bergen die Milch geholt, die in der Familie zu Käse verarbeitet wird. Fünf Kinder hat Redenta großgezogen.

Neffe Francesco Muntoni ist ein namhafter Unternehmer, der mehr als 1000 Galluresi, wie sich die Bewohner von Sardiniens Norden nennen, Arbeit gibt. Der heute 70-Jährige stammt aus einer Familie von Bauunternehmern, spezialisiert auf die Villen von Vermögenden. Vor nunmehr 30 Jahren hat Francesco mit dem „Capo d’Orso“ das erste Hotel übernommen. Heute betreibt er an der Küste des Archipelago Maddalena, benannt nach der gleichnamigen Insel, acht Luxushotels. Sie firmieren unter dem Sammelbegriff „Delphina Hotels & Resorts“.

Familie Muntoni betreibt acht Hotels, darunter das „Valle dell’ Erica"
Familie Muntoni betreibt acht Hotels, darunter das „Valle dell’ Erica" © KK

Die Nordküste Sardiniens steht heute großteils unter Naturschutz, zeichnet sich aus durch üppiges Grün und ist von Korkeichenwäldern und jener duftenden Macchia bedeckt, die die einzigartige Vegetation vieler mediterraner Inseln beherrscht. Deshalb legt die Hoteliersfamilie Muntoni großen Wert auf den Schutz der sardischen Natur. So werden alle fünf Hotels völlig autark mit Strom versorgt. Für den Wasserhaushalt der Anlagen wird demnächst eine Entsalzungsanlage errichtet.

Bei Bau und Ausstattung ihrer Häuser bemüht sich die Familie Muntoni (Francescos Kinder Libero und Elena haben mittlerweile das operative Geschäft übernommen), auf regionale Ressourcen zurückzugreifen, um die Wirtschaft der Region zu stärken. So stammen etwa die Wandteppiche und die gewebten Bodenbeläge in Zimmern und Hallen der Fünf-Sterne-Hotels aus dem kleinen Ort Aggius, wo das Teppichweben noch heute von den Frauen des Dorfes betrieben wird. Die Kunstwerke kann man in keinem Geschäft kaufen, sie werden nur auf Bestellung angefertigt.

Bei Touren mit dem Segelschiff „Pulcinella“ der Delphina-Hotels erkundet man das Inselreich
Bei Touren mit dem Segelschiff „Pulcinella“ der Delphina-Hotels erkundet man das Inselreich © Universal Images Group via Getty (REDA&CO)

Vielfältig sind die Ausflüge, die man von den Delphina-Hotels aus unternehmen kann: So bringt etwa eines der hauseigenen Boote die Gäste zur Insel La Maddalena, einer der rund 60 Eilande des Archipels. Das Inselreich steht unter Naturschutz und besticht durch eine große geologische Vielfalt, die man beim Tauchen und Schnorcheln bewundern kann.

Die rosarote Spiaggia Rosa auf der Isola di Budelli
Die rosarote Spiaggia Rosa auf der Isola di Budelli © Universal Images Group via Getty (REDA&CO)

Berühmtheit erlangt hat die Spiaggia Rosa auf der Isola di Budelli. Der Sandstrand erhält seine ungewöhnliche rosarote Farbe von Schalenresten der „Miniacina miniacea“, marinen Mikroorganismen, die im Wasser vor der Insel leben. Um sie vor dem „Zugriff“ der Touristen zu schützen – der Sand war zuletzt ein allzu begehrtes Souvenir –, wurde die Bucht im Vorjahr abgesperrt. Aber man kann sie vom Meer aus bewundern.

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