Wer mit unermüdlicher Sonne, mediterranem Essen und entspannter Lebensfreude nichts anfangen kann, der hat auf Zypern nichts verloren. Denn die drittgrößte Mittelmeerinsel zwingt ihre Besucher dazu, dem Hedonismus zu frönen. Ob sie wollen oder nicht.

Mehr als 300 Tage im Jahr scheint hier die Sonne, die sich im türkisblauen Meer, das die Insel umrahmt, vortrefflich spiegelt. Im Frühling oder Herbst, wenn bei uns die Chance auf nieselig-graues Wetter hoch ist, sitzt man auf Zypern bei um die 25 Grad im Freien und schaut den unzähligen gepflegten Straßenkatzen zu, die hier ihre neun Leben genießen.

Apropos genießen: Wer nach Zypern fährt, sollte Hunger mitbringen. Denn Essen ist hier nichts für Anfänger. Hinter dem Begriff „Meze“ verbirgt sich die zypriotische Art zu genießen – mit unzähligen kleinen Tellerchen, die vor Köstlichkeiten überquellen. Mit Köfte, Moussaka, auf Holzkohle gebratenem Halloumi sowie stets raffiniert gewürzten Fisch- und Fleischspezialitäten sitzt der Genießer hier in stiller Eintracht vor dem Besten, was Morgen- und Abendland kulinarisch zu bieten haben. Der Geschmack von Koriander, Zitrone und Oregano liegt einem noch Tage nach dem Besuch der Insel auf der Zunge.

Die wichtigste Regel: Finger weg vom Brot. Das mag köstlich duften und ideal zu den feinen Aufstrichen und Oliven passen, übermäßiger Konsum wäre jedoch ein Anfängerfehler. Spätestens bei Teller Nummer 10 wird man jeden Bissen bereuen.

Besonders tolle „Meze“ findet man in der kleinen, lauschigen Taverne „Katoi“, die sich in den schmalen, malerischen Gassen des Dorfes Omodos versteckt und von Einheimischen wie Besuchern geschätzt wird. Welcher Wein am besten zum Essen passt, weiß der sympathische Chef des Weingutes „Ktima Gerolemo“, unweit vom Zentrum des Ortes entfernt. Hier können die regionalen Weine, die zu Tausenden im modernen Keller lagern, verkostet werden – inklusive Heimatbezug. Denn die Wände des Unternehmens sind tapeziert mit österreichischen Wein-Auszeichnungen. „Darauf sind wir stolz“, lacht er. „Denn Wein ist unsere Leidenschaft.“

Gut 50 Autominuten vom vergorenen Saft zypriotischer Trauben entfernt ragen schroffe Felsen aus dem Wasser, an denen sich das azurblaue Meer stetig abarbeitet. Hier, am Strand Petra tou Romiou, entstieg der Legende nach die griechische Göttin der Schönheit und Liebe höchstpersönlich ihrer Muschel – Aphrodite. Genau so hätte man sich das auch vorgestellt.

Da der göttliche Herkunftsort jedoch bei Weitem nicht das Einzige ist, was dieser kleine, aber feine Flecken Erde zu bieten hat, empfiehlt sich eine Rundreise. Wem der Gedanke an eine Autofahrt im dort herrschenden Linksverkehr – ein Überbleibsel aus einer Zeit, in der die Briten hier noch das Sagen hatten – jedoch Schweißperlen auf die Stirn treibt, der ist mit einer Busreise gut beraten. Ein solches Gefährt bringt einen dann auch schnurstracks in das 30 Kilometer entfernte Kourion, eine antike Stadt an der Südwestküste, die wohl im 13. Jahrhundert vor Christus entstanden ist. Das imposante Amphitheater mit Meerblick, das dank exzellenter Akustik im Sommer auch Schauplatz zahlreicher Aufführungen ist, kann dort ebenso bestaunt werden wie gut erhaltene Fußbodenmosaike.

Auf Fans der bunten Steinchen-Bilder wartet in Paphos ein wahrer Schatz: Die prächtigen Mosaike im archäologischen Park von Kato Paphos, die in den 1970er-Jahren zufällig entdeckt wurden und heute Unesco-Weltkulturerbe sind, zeigen Szenen aus der griechischen Mythologie. Auch die unweit entfernten Königsgräber von Nea Paphos, gebaut aus Sandkalkstein, versetzen Besucher in Staunen. Zwar wurden dort keine Könige bestattet, prächtig sind sie dennoch.

Nikosia - Die geteilte Stadt

Doch Zypern hat nicht nur Landschaft zu bieten, sondern auch eine schöne Hauptstadt. Und die hat es in sich. Denn hier erlebt man aktuelle Geschichte – hautnah. Mitten in der Fußgängerzone von Nikosia muss man plötzlich seinen Pass zücken, um auf die andere Seite der streng bewachten Grenze in den seit 1974 von der Türkei besetzen Teil Zyperns im Norden des Landes zu gehen. Dort wird türkisch gesprochen, eine ehemalige Kathedrale ist heute eine Moschee.

„Wer Zypern besucht, muss auch auf das besetzte Gebiet gehen. Denn nur so kann man verstehen, wie wir hier leben“, erzählt die Zypriotin Nina und streicht sich die Stirnfransen aus dem Gesicht. Die rund 280.000 Einwohner haben die Auswirkungen von Politik täglich vor Augen. „Aber wir versuchen, damit umzugehen. Denn wir sind eine Insel und deshalb trotzdem ein Land.“ Man hat sich offenbar arrangiert, das einst verfallene Viertel an der Grenze, die die Stadt teilt, wird renoviert und mausert sich langsam, aber stetig zur hippen Adresse.

Pinkes Schauspiel in Larnaca

Lauschiger ist es in der um ein Vielfaches kleineren Hafenstadt Larnaca, die dank eines Flughafens gut angebunden ist. Über den Winter spielt sich hier ein (pinkes) Naturschauspiel ab. Denn dann tummeln sich Hunderte Flamingos beim hiesigen Salzsee, um zu überwintern. Auch hier winken – neben der perfekt zu erschlendernden Strandpromenade Phinikoudes – „Meze“-Lokale, nach deren Besuch jeder Hosenknopf das Handtuch wirft. Trotz idealer Lage sucht man hier Massentourismus vergeblich. Denn die Hotels, die es gibt und die einen guten Standard bieten, kann man an einer Hand abzählen. Eine bewusste Entscheidung.

Wer es ganz abgeschieden mag, der kann sich ein Lunchpaket zusammenstellen und in den 385 Hektar großen Nationalpark Kap Greco im Osten fahren. Tiefgrünes Meer, schroffe Kalksteinklippen und zahlreiche Naturpfade locken, unter anderem auch ein Aphrodite-Kulturweg. Die Göttin der Liebe ist überall auf dieser Insel. Und man versteht auch, warum.

Mehr zum Thema