Personalstreiks bei Fluggesellschaften, zuletzt Ryanair, scheinen an der Tagesordnung. Vieles dreht sich dabei um die Frage, ob den Passagieren bei daraus resultierenden Flugverspätungen und Annullierungen eine Entschädigung zusteht. Das Friedensgericht Luxemburg hat diese Frage nun mit einem klaren "Ja" beantwortet. Das Europäische Verbraucherzentrum (EVZ) rät den Betroffenen des Ryanair-Streiks daher, Preiserstattung und Entschädigung zu fordern und stellt dafür einen Musterbrief zur Verfügung. (Fluggastrechte)

Zwei Konsumenten forderten eine Ausgleichszahlung von der AUA-Mutter Lufthansa, nachdem ihre Flüge aufgrund eines Pilotenstreiks im Herbst 2016 annulliert wurden und sie erst stark verspätet an ihrem Ziel in Oslo ankamen. Wie so oft bei Streiks wollte die Airline mit dem Hinweis auf "außergewöhnliche Umstände" nicht zahlen. Dasselbe Argument nutzt übrigens auch Ryanair in der aktuellen Situation.

Nachdem die Kläger bei der Fluglinie scheiterten, wandten sie sich an das Europäische Verbraucherzentrum Luxemburg. Da in diesem Fall keine außergerichtliche Lösung mit Lufthansa erzielt werden konnte, zogen die beiden Konsumenten in Luxemburg vor Gericht. Sie konnten ihre Ansprüche durch das von der EU initiierte Europäische Verfahren für geringfügige Forderungen durchsetzen. Dieses ist in Luxemburg kostenlos, in anderen Mitgliedsstaaten, darunter Österreich, fällt eine Gebühr an. Ein Anwalt wird nicht benötigt, die beiden Kläger mussten lediglich ein Formular ausfüllen.

Das Luxemburger Gericht entschied schließlich, dass der angekündigte Streik der Piloten von Lufthansa keinen außergewöhnlichen Umstand im Sinne der europäischen Fluggastrechteverordnung darstellt. Somit sei die Fluggesellschaft sehr wohl verpflichtet, Ausgleichszahlungen an die beiden Kläger zu zahlen, die von den Flugannullierungen bzw. -verspätungen betroffen waren. Dabei nahm der Friedensrichter Bezug auf ein Urteil vom April 2018, bei dem der Europäische Gerichtshof den Fall eines "wilden" Streiks eines Teils des Personals von TUIFly ebenfalls nicht als außergewöhnlichen Umstand qualifizierte.

Die Kläger dürften damit in Luxemburg eines der ersten Urteile überhaupt erstritten haben, in dem ein nationales Gericht unter Anwendung der Kriterien des TUIfly-Urteils des Europäischen Gerichtshofes eine Fluggesellschaft zur Zahlung von Entschädigungen verpflichtet.

Das EVZ rät Verbraucherinnen und Verbrauchern, die von den aktuellen Streiks bei Ryanair betroffen sind, neben der Erstattung des Ticketpreises für annullierte Flüge auch eine Entschädigung bei der Fluggesellschaft schriftlich geltend zu machen. Diese kann je nach Reichweite des Fluges zwischen 250 und 600 Euro betragen. Das EVZ stellt unter [http://europakonsument.at/de/page/musterbriefe] dafür einen Musterbrief zur Verfügung, der für jede Art von Personalstreiks bei Airlines genutzt werden kann.

Weiterführende Informationen zu Ihren Fluggastrechten sowie dem Europäischen Verfahren für geringfügige Forderungen gibt es unter www.europakonsument.at

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