1. Ich bin mit meinem Bruder zerstritten. Jetzt ist er der Erwachsenenvertreter unserer Mutter und verbietet mir, sie zu besuchen, weil sie sich dabei angeblich zu sehr aufregt. Hat er das Recht dazu?
ANTWORT: Grundsätzlich haben Vertretungspersonen die Pflicht, die Wünsche der vertretenen Person zu ermitteln. „Sie müssen also bestmöglich nach deren Wünschen und Vorstellungen entscheiden und dürfen sich nicht darüber hinwegsetzen“, sagt der Grazer Rechtsanwalt Henrik Gießauf. In besonders wichtigen persönlichen Angelegenheiten sei zudem vom Vertreter eine Entscheidung des Gerichtes einzuholen. Was das Recht der vertretenen Person auf persönliche Kontakte zu anderen Personen angeht – auch im Schriftverkehr, wie Gießauf betont – sind Einschränkungen laut Allgemeinem Bürgerlichen Gesetzbuch nur zulässig, wenn sonst das Wohl der Vertretenen erheblich gefährdet wäre. „Ein grundloses von der Vertretungsperson verfügtes Kontaktverbot wäre jedenfalls unzulässig, das örtlich zuständige Pflegschaftsgericht müsste davon in Kenntnis gesetzt werden. Paragraf 259, Absatz 4 im ABGB normiert nämlich, dass bei einer Gefährdung des Wohls der vertretenen Person das Gericht jederzeit von Amts wegen die zur Sicherung des Wohles notwendigen Verfügungen zu treffen hätte.