Mitgift oder Heiratsgut bezeichnete einst das Vermögen, das einer Frau bei ihrer Heirat von den Eltern mitgegeben wurde. Hatte der Begriff jemals rechtlich eine Relevanz und wie ist das heutzutage?

ANTWORT: „Das ABGB, das österreichische Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch, kennt seit seinem Inkrafttreten im Jahr 1812 vermögensrechtliche Ansprüche von Kindern gegenüber ihren Eltern im Rahmen einer Eheschließung“, sagt der Grazer Rechtsanwalt Henrik Gießauf. Begriffe wie Aussteuer, Mitgift oder Heiratsgut seien auch heute noch vielen Menschen vertraut, mittlerweile aber überholt. „Seit 2010 kennt die Rechtsordnung nur mehr den Begriff der Ausstattung, die Regelungen dazu finden sich in den Paragrafen 1220 bis 1223 im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch.

Sind nur die Eltern der Braut zur Zahlung verpflichtet?

ANTWORT: „Nein“, sagt Gießauf. Ein Anspruch auf Ausstattung bestehe ohnehin nur im Rahmen der Unterhaltspflicht, und zwar für Töchter und Söhne gleichermaßen. „Das soll eine Art Starthilfe sein.“

Welche Summe ist als Ausstattung angemessen? Und können die Ansprüche auch eingeklagt werden?

ANTWORT: Da der Ausstattungsanspruch nur im Falle einer Unterhaltsberechtigung des Kindes gegen seinen Eltern besteht, kann ein selbsterhaltungsfähiges Kind mit höherem eigenen Einkommen und Vermögen keine Forderungen mehr gegen die Eltern erheben. „Die Höhe dieser als Starthilfe gedachten Ausstattung bemisst sich nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Eltern“, erklärt der Anwalt. Die Rechtsprechung gehe etwa von 25 bis 30 Prozent des Jahresnettoeinkommens der Eltern aus, wobei allenfalls eine Zusammenrechnung beider Eltern-Einkommen stattfinde. „Notfalls ist der Anspruch auf Ausstattung beim örtlich und sachlich zuständigen Zivilgericht geltend zu machen.“ Dass der zukünftige Ehepartner womöglich wirtschaftlich vermögend ist, habe auf den eigenen Ausstattungsanspruch übrigens keinen Einfluss.

Wann genau entsteht der Anspruch auf Ausstattung und verjährt er auch irgendwann?

ANTWORT: Prinzipiell entsteht der Ausstattungsanspruch, wie Gießauf betont, bereits mit der Verlobung; zur Zahlung fällig wird er aber erst im Zeitpunkt der Eheschließung. „Weiters ist ein aufrechter Bestand der Ehe Voraussetzung, nach einer Scheidung kann dieser daher nicht mehr geltend gemacht werden.“ Nach dem Ablauf von drei Jahren gelte der Anspruch im Übrigen als verjährt.

Sind auch Eltern zahlungspflichtig, die mit der Partnerwahl ihres Kindes gar nicht einverstanden sind?

ANTWORT: Wenn das Kind ohne Wissen der Eltern heiratet oder die Eltern (nachweislich) berechtigte Gründe für ihre Ablehnung des Partners/der Partnerin ihres Kindes haben, besteht, wie der Jurist betont, kein Anspruch auf Ausstattung. Auch könne keine Ausstattung verlangt werden, wenn dies die finanziellen Möglichkeiten der Eltern übersteigt bzw. ihr eigener angemessener Unterhalt dadurch gefährdet wäre.

Kann die Ausstattung auch von den Großeltern verlangt werden?


ANTWORT: Grundsätzlich besteht der Anspruch auf Ausstattung immer zwischen dem Kind und seinen eigenen Eltern. Können diese nicht bezahlen, kann die Pflicht auch die Großeltern treffen.

Werden diverse finanzielle Zuwendungen, die ein Kind schon vor seiner Ehe von den Eltern erhalten hat, bei der Aussteuer gegengerechnet?

ANTWORT: „Eine Anrechnung von bereits vor der Eheschließung empfangenen Unterhaltsleistungen und Ausbildungskosten auf den Ausstattungsanspruch erfolgt grundsätzlich nicht, sehr wohl aber können Geschenke aus Anlass der Heirat oder auch sonstige finanzielle Unterstützungsleistungen während der Ehe Berücksichtigung finden“, gibt Gießauf zu Protokoll.

Gibt es den Anspruch auf finanzielle Unterstützung durch die Eltern auch bei der zweiten oder dritten Ehe?

ANTWORT: Der Ausstattungsanspruch besteht, wie Gießauf erklärt, grundsätzlich nur einmal, und zwar bei der ersten Eheschließung. Weitere Verehelichungen sind demnach nicht mehr anspruchsbegründend.