Das Gesetzespaket, das die Regierung in der Vorwoche präsentiert hat, sieht vor, dass man sich Zukunft schneller und leichter gegen „Hass im Netz“ wehren kann. Der Gesetzesentwurf macht aber auch das „Upskirting“, also das unerlaubte Fotografieren des Intimbereichs, zu einem Straftatbestand.

Was genau ändert sich dadurch juristisch für Frauen, die auf diese Art und Weise belästigt werden? Bietet das Recht keine anderen Möglichkeiten, die Privatsphäre und Intimzone zu schützen?, fragen wir den Grazer Rechtsanwalt Stefan Lausegger. Er sagt: „Es geht bei diesem Paragrafen im Strafgesetzbuch um einen sehr eng gefassten Tatbestand. Eine umfassende Regelung von Aufnahmen, die die Privatsphäre verletzten, ist das nicht.“


Nicht strafbar wäre auf Basis des neuen Paragrafen im Strafgesetzbuch (StGB) die Anfertigung und Weitergabe von Bildaufnahmen von Menschen in Badebekleidung im Freibad, wie Lausegger betont - „weil intime Bereiche hier nicht durch Bekleidung oder vergleichbare Textilien gegen Anblicke geschützt sind und Bademode keine ,Unterwäsche’ ist.“ Ebenso wären wohl auch „Upskirting“-Aufnahmen nicht strafbar, wenn die Fotografierte unter dem Rock Leggings oder eine Badehose trägt - „weil beides keine Unterwäsche ist“. Schließlich ergebe sich auch das interessante Detail, dass die Aufnahme von einem Dekolletee nach dieser Bestimmung wohl nicht strafbar wäre, weil man dabei regelmäßig nur sehen werde, was nicht von Bekleidung bedeckt ist.

Klar sei hingegen, dass das Anfertigen von Nacktaufnahmen in Umkleidekabinen strafbar ist, weil sich diese Personen in einem „gegen Einblick besonders geschützten Raum“ befinden. „Der klassische Voyeur, der durch das Fenster einer Privatwohnung fotografiert, kann nach dieser Bestimmung durchaus bestraft werden, allerdings nur, wenn dabei die Genitalien, die Schamgegend, das Gesäß, die weibliche Brust oder die diese Körperstellen bedeckende Unterwäsche fotografiert bzw. gefilmt wird“, fügt der Jurist hinzu. Fotos, die die Privatsphäre verletzen, bei denen die Personen aber angezogen sind, etwa ein Ehepaar bei einem Streit, fallen, wie Lausegger betont, nicht unter diese Strafbestimmung, könnten aber zivilrechtliche Folgen haben.

Dem Täter muss bei seinem Bild, das Unterwäsche bzw. einen „geschützten Bereich“ zeigt, außerdem Absicht nachgewiesen werden können. „Bei Zufälligkeit - der Ministerialentwurf führt hier Paparazzifotos von Prominenten beim Aussteigen aus Autos vor dem roten Teppich an – besteht keine Strafbarkeit“, sagt der Jurist.

Frauen, die sich gegen sexuell konnotierte Aufnahmen zur Wehr setzen wollen, hatten aber schon bisher das Gesetz auf ihrer Seite. Lausegger: „Im Zivilrecht regelt der Paragraf 78 des Urheberrechtsgesetzes die Veröffentlichung von Fotos, Videos, aber auch Zeichnungen und Skulpturen von Personen. Ganz allgemein gesagt, dürften Lichtbilder und Videos von Personen dann nicht veröffentlicht oder verbreitet werden, wenn dadurch berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden.“

Schutz der Privat- und Intimsphäre

Voraussetzung sei dabei immer, dass der Abgebildete auf dem Foto oder Video identifizierbar ist. Dafür müsse nicht unbedingt ein Gesicht erkennbar sein, die Identifizierbarkeit könne sich auch aus dem Bildhintergrund oder besonderen Details wie Tattoos ergeben.
Berechtigte Interessen seien jedenfalls dann verletzt, wenn das Bild entstellend oder bloßstellend ist, wie bei heimlichen Nacktaufnahmen, oder wenn das Bild die Privat- oder Intimsphäre verletzt. Das Urheberrechtsgesetz regle freilich nur die (Un-)Zulässigkeit der Veröffentlichung von Bildnissen, nicht das Fotografieren selbst. „Die Rechtsprechung leitet aber aus einer Bestimmung des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches einen Unterlassungsanspruch schon gegen die Aufnahme von Bildern ab.“ Lauseggers Resümee: „Der zivilrechtliche Anspruch ist viel weiter und flexibler als der geplante strafrechtliche.“ Betroffene hätten neben der klassischen Zivilklage außerdem die Möglichkeit einer einstweiligen Verfügung, um einen drohenden Eingriff in ihre Privatsphäre durch die Veröffentlichung von Lichtbildern zu verhindern.

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