Coronabedingte Schulschließungen und Quarantäneverordnungen bringen berufstätige Eltern, die keine Betreuungsperson für ihre Kinder haben, seit März 2020 regelmäßig an den Rand der Verzweiflung. Das Instrument der sogenannten Sonderbetreuungszeit sollte den betroffenen Eltern Erleichterung bringen, in der Praxis erwies es sich aber aus Kostengründen (für den Dienstgeber) und mangels eines Rechtsanspruchs darauf als wenig wirksam. Das soll jetzt anders werden. Bundesregierung und Sozialpartner haben sich auf eine Gesetzesänderung geeinigt, die demnächst den Nationalrat passieren soll.

Demnach soll es rückwirkend mit 1. November einen Rechtsanspruch auf Sonderbetreuungszeit geben, der Dienstgeber muss also nicht mehr um sein Einverständnis gebeten werden – die Dauer der Maßnahme wird bis 9. Juli verlängert, also bis zum Ende des Schuljahres 2020/2021. Gleichzeitig wird der Anspruch auf  Sonderbetreuungszeit von bisher drei auf vier Wochen verlängert. In dieser Zeit besteht Anspruch auf volles Entgelt - und die Kosten übernimmt (gedeckelt mit der Höchstbeitragsgrundlage) der Bund. (Zuletzt waren 50 Prozent Kostenersatz vorgesehen.)  Bisher schon gewährte Sonderbetreuungszeiten werden dabei nicht gegengerechnet. „Das ist eine starke Verbesserung für Arbeitnehmer mit Betreuungspflichten, eine sehr gute Nachricht“, sagt dazu die Leiterin der Abteilung für Frauen und Gleichbehandlung in der Arbeiterkammer Steiermark, Bernadette Pöcheim. Neben dieser Sonderbetreuungszeit stehen Berufstätigen mit Betreuungspflichten freilich (wie bisher) noch andere bewährte Instrumente zur Verfügung. „Wir merken allerdings in den Anfragen, dass bei den Freistellungsmöglichkeiten große Verwirrung herrscht“, sagt die AK-Expertin. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten zum Thema.

1. Was genau bedeutet „Sonderbetreuungszeit“ jetzt?

Die vier Wochen können in Teilen, auch tage- oder halbtageweise in Anspruch genommen werden. Wichtig zu wissen: „Beide Elternteile haben Anspruch auf Sonderbetreuungszeit, nicht gleichzeitig, aber hintereinander“, sagt Pöcheim. Einfach gesagt: Für ein Kind ist bei ganzen oder teilweisen Schulschließungen sichergestellt, dass es zwischen 1. November 2020 und 9. Juli 2021 über insgesamt zwei Monate von seinen Eltern betreut werden kann, ohne dass diese auf ihr Gehalt verzichten müssen oder zum Bittsteller bei ihrem Arbeitgeber werden. Zu den schon bisher definierten Gründen für einen Anspruch auf Sonderbetreuungszeit kommt in der neuen Variante der Fall, wenn ein Kind behördlich abgesondert wird, weil lediglich ein Krankheits- oder Ansteckungsverdacht besteht. Bei der Absonderung eines kranken Kindes kann nach Ausschöpfung des  Pflegefreistellungsanspruchs ebenfalls Sonderbetreuungszeit in Anspruch genommen werden.

2. Abseits der Sonderbetreuungszeit: Was gilt, wenn mein Kind  aufgrund eines Coronaverdachts den Kindergarten/die Volksschule nicht besuchen kann. Was kann ich tun?

"Wenn das Kind wegen Coronaverdachts nicht den Kindergarten bzw. die Volksschule besuchen kann und auch sonst keine geeignete Betreuungsperson vorhanden ist, haben die Eltern einen Rechtsanspruch auf Freistellung nach dem Paragrafen 8 des Angestelltengesetzes (AngG) für zumindest eine Woche", erklärt dazu Bernadette Pöcheim und ergänzt: "Beide Elternteile haben einen Anspruch, jedoch nicht parallel."

3. Der Kindergarten bzw. die Kindergruppe/die Klasse meines Kindes wird wegen Coronaverdachts geschlossen. Welche Möglichkeiten habe ich außer der Sonderbetreuungszeit?

Auch hier gibt es einen Anspruch auf bezahlte Freistellung, wie Pöcheim betont, wenn keine andere Betreuungsmöglichkeit vorhanden ist. Großeltern fallen (abhängig vom Lebensalter und Grunderkrankung) als geeignete Betreuungsmöglichkeit tendenziell ja aus.

4. Der Kindergarten/die Volksschule wird wegen Coronaverdachts ein weiteres Mal geschlossen. Gibt es - außer im Rahmen der Sonderbetreuungszeit - noch einmal eine Freistellung für mich?

Sollte der Kindergarten/die Volksschule ein weiteres Mal schließen müssen, besteht der Anspruch auf Freistellung bzw. Entgeltfortzahlung erneut. "Die Freistellung greift pro Anlassfall - der Zeitrahmen beträgt mindestens eine Woche", erklärt die AK-Expertin. Außerdem kann die Sonderbetreuungszeit von vier Wochen gestückelt in Anspruch genommen werden, was für Dienstgeber (wegen der vollständigen Kostenübernahme durch den Bund) die attraktivere Lösung ist.

5. Der Kindergarten/die Volksschule wird nicht zur Gänze geschlossen, sondern nur eingeschränkt.

Hier sagt Pöcheim: "Wenn die Betreuung des Kindes in der Betreuungs- bzw. Bildungseinrichtung gewährleistet ist, ist eine Freistellung nur in Ausnahmefällen möglich, zum Beispiel bei entsprechender Grunderkrankung."

6. Wenn sich herausstellt, dass der Coronaverdacht nicht berechtigt war, gibt es dann im Nachhinein Probleme mit meiner Freistellung?

Die Betreuungspflichten der Eltern sind/waren trotzdem gegeben, wenn das Kind nicht in den Kindergarten/die Volkschule darf und zu Hause betreut werden muss.

7. Der Elternteil, der das Kleinkind ständig betreut, erkrankt. Was steht mir arbeitsrechtlich zu?

"Der zweite Elternteil hat im Rahmen der Pflegefreistellung einen Rechtsanspruch auf ,Betreuungsfreistellung' von einer Woche", lautet Pöcheims Auskunft. "Das Entgelt ist vom Arbeitgeber fortzuzahlen."

8.  Die Tante oder jemand anders aus der Verwandtschaft, der das Kleinkind ständig betreut, erkrankt.

Jeder Elternteil hat einen Rechtsanspruch auf Betreuungsfreistellung im Ausmaß von einer Woche  - nicht gleichzeitig, aber abwechselnd möglich. "Die Betreuungsfreistellung kann stundenweise, halbtageweise bzw. maximal für eine Woche durchgängig in Anspruch genommen werden."

9. Muss der Arbeitgeber das Gehalt weiterzahlen?

"In all diesen Fällen ist der Arbeitgeber verpflichtet, das Gehalt fortzuzahlen", betont Pöcheim. Bei der Sonderbetreuungszeit bekommt der Diengstgeber das Entgelt jetzt aber voll vom Staat ersetzt.

10.  Gibt es Förderungen für den Arbeitgeber?

Im Rahmen der Sonderbetreuungszeit bekam der Arbeitgeber bisher die Hälfte des fortgezahlten Entgelts vom Staat refundiert. Jetzt übernimmt der Bund die ganzen Kosten.

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