Ehepartner geben einander das Versprechen, in guten wie in schlechten Zeiten für einander da zu sein. Aber was, wenn die schlechten Zeiten schon früh beginnen und man noch gar nicht miteinander verheiratet ist? Steht jemandem, der seinen Lebensgefährten pflegt, nach Auflösung dieser Lebensgemeinschaft eine Abgeltung für die Pflegeleistung zu? Mit dieser Frage beschäftigte sich unlängst der Oberste Gerichtshof (OGH).

Im konkreten Fall bestand die Lebensgemeinschaft zwischen einem Paar, das gemeinsam Medizin studierte, bereits seit vier Jahren, als der Mann 2012 in Folge einer Hirnblutung zum Pflegefall wurde. Ohne intensive Betreuung kann der Mann bis heute nicht daheim leben. Vier Jahre lang übernahm seine Lebensgefährtin diese Arbeit und stellte dabei nach dem Abschluss ihres Studium die eigene berufliche Tätigkeit und Karriere als Ärztin in den Hintergrund.

Der Mann bezog Pflegegeld der höchsten Stufe (derzeit rund 1700 Euro pro Monat), womit auch ein externer Assistenzdienst bezahlt wurde. Dank der Pflegeleistung der Lebensgefährtin mussten dafür im Monat nicht mehr als 350 Euro aufgewendet werden, den Rest des Pflegegeldes konnte der Mann deshalb ansparen.
Für 2015 hatte das Paar die Hochzeit geplant. Daraus wurde allerdings nichts, was aus Sicht der Frau ausschließlich am Widerstand der Schwiegereltern lag. Als es 2016 schließlich zur Trennung kam, behielt die Beklagte rund 105.000 Euro vom angesparten Pflegegeld für sich, in der Annahme, das stünde ihr für die erbrachte Pflegeleistung zu. Der Mann klagte seine ehemalige Partnerin daraufhin auf Herausgabe dieses Betrages. Der Fall ging durch drei Instanzen, der OGH bestätigte nun das Urteil der Erstinstanz und sprach der Frau 57.708 Euro zu.

„Im gegenständlichen Fall vertrat der OGH die Ansicht, dass sich der Kläger bei Berücksichtigung aller Umstände darüber im Klaren sein musste, dass die Ex-Lebensgefährtin die Pflegeleistungen jedenfalls in Erwartung einer weiteren gemeinsamen Lebensgestaltung erbracht hat. Sie rechnete mit einer Ehe“, sagt der Klagenfurter Rechtsanwalt Bernd Peck, den wir um seine juristische Expertise zu dem Fall gebeten haben. Im Verfahren sei festgestellt worden, dass rund 4809 Stunden Pflegeleistung ausschließlich von der Beklagten erbracht wurden und diese Leistungen weit über die allgemeine Beistandsverpflichtung in Lebensgemeinschaften hinausgehen. Das Höchstgericht habe dann anhand eines Stundensatzes in der Höhe von 12 Euro die Summe errechnet, die der Beklagten zusteht.

Was hier anders ist

Was diesen Fall zu einem besonderen macht? „Grundsätzlich gilt die Regel, dass die in einer Lebensgemeinschaft erbrachten Leistungen und Aufwendungen unentgeltlich sind und daher nicht zurückgefordert werden können“, erklärt Peck. Vor größeren gemeinsamen Anschaffungen sei es für Lebensgefährten also immer ratsam, einen Partnerschaftsvertrag abzuschließen, der regelt, was im Falle einer Trennung mit den gemeinsamen Investitionen geschehen soll.
Für das gegenständliche OGH-Urteil war laut Peck entscheidend, dass das Pflegegeld nach den Intentionen des Pflegegeldgesetzes dafür verwendet werden soll, professionelle Pflege zu bezahlen oder die Pflegeleistungen von Angehörigen abzugelten. „Weil es dem Pflegebedürftigen hier durch den besonderen Einsatz seiner Lebensgefährtin möglich war, einen Großteil des Pflegegeldes anzusparen, durfte die Frau berechtigterweise erwarten, zukünftig an diesen Ersparnissen teilhaben zu können,“ erklärt der Anwalt.
Wären die Streitteile verheiratet gewesen, wäre das Urteil des OGH nach Ansicht Pecks vermutlich weniger günstig für die Frau ausgefallen, „weil es in der Ehe die Beistandspflicht gemäß dem Ehegesetz gibt“. Vereinfacht gesagt: Einem Ehepartner ist mehr zuzumuten als einem Lebensgefährten.

Eine Erklärung für den relativ niedrigen Stundensatz, nach dem die Leistung der Lebensgefährtin, die immerhin Ärztin ist, berechnet wurde, gibt es auch: „Hier wurde eine Leistung erbracht, für die ursprünglich ja keine Bezahlung ausgemacht war. Das Bereicherungsrecht verhindert, dass dem Mann dadurch ein unverhältnismäßig großer Nachteil entsteht.“

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