Ein Ehepaar setzte sich 1989 in einem Testament wechselseitig zu Alleinerben ein. 2009 widerrief die Ehefrau alle ihre früheren letztwilligen Verfügungen und bestimmte ihre Nichte als Alleinerbin. Dazu konsultierte sie einen Notar und erklärte diesem gegenüber, ihr Mann habe ein Verhältnis mit einer Nachbarin und sie wolle mit dem neuen Testament verhindern, dass diese Frau über ihren Mann an ihr Vermögen gelange. Davon wurde allerdings nichts im Testament vermerkt.

Als die Frau 2014 verstarb, wollte sich ihr Gatte nicht mit dem neuen Testament abfinden und beschloss, es anzufechten. Der Witwer konnte im Verfahren glaubhaft machen, dass er zu Lebzeiten seiner Frau nur ein freundschaftliches Verhältnis zu besagter Nachbarin gepflegt hatte und auch nie die Absicht hatte, ihr sein ganzes Vermögen zu hinterlassen. Der Fall ging schließlich durch drei Instanzen.

Die Frage war: Kann ein Testament, das aufgrund eines Irrtums der Verstorbenen errichtet wurde, wirksam sein – vor allem, wenn die Motive der Verstorbenen gar nicht im Testament niedergeschrieben wurden? Der Oberste Gerichtshof schaffte in dieser Angelegenheit im Vorjahr Klarheit und gab dem Ehemann recht. Hier geht es zum OGH-Urteil.

„Mit diesem Urteil wurde klargestellt, dass ein Irrtum über tatsächliche Gegebenheiten eine letztwillige Verfügung ausschließlich dann ungültig machen kann, wenn nachgewiesen werden kann, dass das Testament ,einzig und allein‘ aufgrund dieses Irrtums errichtet wurde“, sagt der Klagenfurter Rechtsanwalt Bernd Peck. Dabei sei aber nach Ansicht des Höchstgerichts ein sehr strenger Maßstab zu setzen: „Es ist nicht nur der Nachweis des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der irrtümlichen Vorstellung des Verstorbenen und der letztwilligen Verfügung zu erbringen, sondern auch der Nachweis, dass dies der ausschließliche Grund für die Änderung der letztwilligen Verfügung war. Beweisen muss dies derjenige, der das Testament angefochten hat,“ sagt der Jurist. Nach Ansicht des OGH sei im Verfahren insbesondere durch Einvernahme des Notars geklärt worden, dass die unrichtige Vorstellung der Verstorbenen das einzige Motiv zur Testamentsänderung war, sodass das Testament aufgrund dieser getroffenen Feststellungen unwirksam war.

Was Sie über Testamente wissen sollten

So speziell dieser eine Fall nun gewesen sein mag: Der Streit zwischen zwei Testamentserben ist für Anwälte und Richter keine Seltenheit. „Viele Testamentsstreitigkeiten drehen sich um die Frage, ob der Erblasser noch testierfähig ist. Manchmal ist auch es fraglich, ob ein Testament echt ist oder gefälscht wurde“, sagt Bernd Peck. In diesem Fall sei es dem Ehemann, also dem Erben aus dem älteren Testament, gelungen, das neue, jüngere Testament wegen eines Irrtums zu bekämpfen. Der Anfechtungsgrund des Irrtums sei aber oft schwer nachzuweisen.
„Im vorliegenden Fall war im neuen Testament auch kein Grund angegeben, warum die Ehefrau das ältere Testament widerrufen hatte, um ein neues zu verfassen. Die Nichte konnte sich zunächst also mit gutem Grund als berechtigte Erbin ansehen. Woher sollte sie wissen, dass die Erblasserin, also die verstorbene Ehefrau, fälschlich angenommen hatte, dass ihr Ehegatte ein sexuelles Verhältnis zu einer Nachbarin gehabt hatte?“, hat der Rechtsanwalt Verständnis für beide Parteien.

Was man bei der Verfassung bzw. beim Widerruf eines Testaments wissen sollte? „Nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes ist es zwar nicht notwendig, dass der Erblasser seine Beweggründe für einen Widerruf im Testament schriftlich festhält. Es kann aber ratsam sein, diesen Grund anzuführen, um etwaigen späteren Rechtsstreitigkeiten vorzubeugen“, erklärt Peck. Das sollte aber im Einzelfall je nach den Umständen abgewogen und entschieden werden. „Ein Testament sollte einfach und klar formuliert werden. Und man sollte vor Abfassung eines Testaments Rat bei einem Rechtsanwalt oder Notar suchen."