Es war im vergangenen Sommer, als Geologen in einem Beitrag im Fachjournal „Science“ Alarm schlugen. Die weltweite Plastikverschmutzung werde immer schlimmer, bis zum Jahr 2040 könnte sich ohne Gegenmaßnahmen der Plastikeintrag ins Meer verdreifachen. Unsere Ära werde später durch Kunststoffablagerungen erkennbar sein, so wie es vergangene Zeiten durch Kohleschichten sind, folgern die Forscher. Ihr Befund: Weiterzumachen wie bisher, wäre fatal.

Die EU will der Flut an Kunststoff seit heuer mit einer Plastikabgabe gegensteuern. Pro Kilogramm nicht wiederverwertbarem Plastikabfall werden von den Mitgliedsstaaten 80 Cent fällig. In Summe dürfte das für Österreich jährliche Kosten von 142 Millionen Euro bedeuten, wie im Sommer eine Berechnung des Finanzministeriums ergab. Freilich steht es den Staaten frei, sich etwa bei Herstellern und Importeuren schadlos zu halten. Doch in Österreich soll die Summe vorerst aus dem Bundesbudget kommen. Andere Pläne des Umweltministeriums stecken seit Monaten fest.

Verhandlungen ziehen sich hin

Vergangenen September hatte Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) ein Drei-Punkte-Programm vorgestellt, um die Abfallmenge einzudämmen und EU-Strafzahlungen zu vermeiden. Darin enthalten: Eine gestaffelte Abgabe von 80 Cent für das Inverkehrbringen pro Kilogramm Plastikverpackung, verpflichtende Quoten für Mehrwegflaschen im Handel und ein Pfand für Einweg-Plastikflaschen wie es etwa seit Jahren in Deutschland und anderen europäischen Staaten existiert. Die Pläne lösten heftigen Gegenwind seitens der Wirtschaftskammer, des Recyclingverbands ARA, des Handels und in Teilen der ÖVP aus. Im Oktober hieß es aus dem Ministerium, man stehe in den Verhandlungen kurz vor dem Durchbruch, woraufhin Kammer und ARA noch einmal massiv gegen die Pläne Stellung bezogen. Seither ist es still geworden. Inzwischen soll das Thema „auf höchster Ebene“ zwischen Kanzler und Vizekanzler verhandelt werden.

Doch die Zeit drängt. Bis 2029 müssen laut Einwegplastikrichtlinie der EU 90 Prozent der Plastikflaschen zum Zweck des Recyclings getrennt gesammelt werden. Bislang hält Österreich bei 70 Prozent. Nach einer Studie im Auftrag von Gewesslers Amtsvorgängerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) ließe sich dieses Ziel am günstigsten mittels Einweg-Pfand erreichen. Zudem verlangt das Kreislaufwirtschaftspaket der Union, dass bis 2025 50 Prozent aller Kunststoffverpackungen recycelt werden. Österreich schafft derzeit nur die Hälfte davon.

Rechtssicherheit gefordert

Lena Steger, Ressourcensprecherin von Global 2000, drängt auf eine rasche politische Einigung zum Drei-Punkte-Programm. „Um die EU-Ziele zu erreichen, müssen Sortieranlagen ausgeweitet und Investitionen getätigt werden.“ Dafür benötigen die Unternehmen Rechtssicherheit. Stegers Fazit: „Jede Woche, die weiter ungenutzt verstreicht, ist ein Problem.“

Neuen Schwung in die Debatte brachte zuletzt die Lebensmittelkette Lidl. Als erstes großer Händler scherte das Unternehmen im Dezember aus der Allianz gegen die Pfand-Pläne für Plastikflaschen aus. „Durch Einwegpfand können Kreisläufe geschlossen, die Qualität des hochwertigen Rohstoffs erhalten und Littering minimiert werden“, so Lidl-Österreich-Chef Alessandro Wolf.