Das Kochhandwerk lernte David Höner in der Schweiz. Rund 15 Jahre arbeitete er als Küchenchef, auf Kreuzfahrtschiffen, später auch als Food-Journalist und TV-Reporter. 2003 reiste er im Auftrag des Schweizer Fernsehens nach Putumayo, Kolumbien, um eine Reportage über den Kampf gegen das Kokain zu machen.

Dabei fiel ihm auf, dass es „keine Kneipen, keine Restaurants mehr gab. Überall herrschte diese schleichende Angst“, schildert Höner. Für den Schweizer ein kaum fassbarer Zustand. „Bei uns treffen sich die Leute täglich in der Kneipe. Dort wird geredet, gelacht, gestritten und gefeiert.“

Lokale im Niemandsland

Das war die Initialzündung zu einer Idee, die ihn bis heute antreibt – Lokale an Orten zu eröffnen, wo es keine mehr gibt. Der neutrale Gastgeber für jene Menschen zu sein, die nicht an dem Konflikt beteiligt sind. Ein so einfacher wie umfassender Gedanke, denn „die Gastronomie ist weltweit einer der größten Arbeitgeber – vom Hühnerbauern bis zum Schreiner“, betont Höner. Also gründete er zwei Jahre danach die Organisation „Cuisine sans frontières“ – Küche ohne Grenzen - und brachte es von anfangs drei auf heute rund 700 Mitglieder.

Was sie leistet, ist schnell erklärt: Höner reist in Kriegs- und Krisengebiete und errichtet mit Freiwilligen und lokalen Partnern gastronomische Orte der Begegnung. „Man trifft sich, beginnt über das Essen und Trinken zu reden – jeder hat etwas dazu zu sagen.“

Kinder waren die ersten Gäste

Während des Guerillakriegs in San Josecito, Kolumbien, baute er mit einem seiner Kochkollegen ein kleines Lokal auf. „Zuerst kamen nur Kinder zum Essen, stille, magere Kinder. Viele von ihnen Waisen“, erinnert sich Höner. Später kamen auch die Erwachsenen – etwa auf einen Zitronenkuchen.

Kochen ist Politik ist soeben im Westend-Verlag erschienen
Kochen ist Politik ist soeben im Westend-Verlag erschienen © Westend-Verlag/Höner

Das kleine Wirtshaus wurde zum sozialen Mittelpunkt. Bis ein Projekt von Einheimischen übernommen werden kann, betreut es die Organisation. In Kolumbien waren das drei Jahre. Mitunter wirkt man mit dem kulinarischen Projekt friedensstiftend – bei einem Fest im neuen Lokal mitten im Niemandsland in Kenia brachte man die verfeindeten Stammesführer der Turkana und Pokot an einen Tisch. Das gelinge allerdings selten, betont Höner. Doch oft genug habe man Gruppen in Krisengebieten durch den gemeinsamen Nenner Essen den Mut zurückgegeben, über neue Ideen nachzudenken. In manchen Gebieten seien die Probleme allerdings übermächtig und „unsere kleine Geste nicht angebracht.“

Finanzierung über Küchenschlachten

Für jemanden zu kochen sei ein wunderbarer Akt, sagt Höner. Auch in Ecuador, wo er sich in den 90ern niederließ, kocht er gern selbst. Wenn er Zeit hat. Denn bis zu zehn Monate im Jahr verbringt er in Krisengebieten. Zurück in der Schweiz kümmert er sich vor allem um die Finanzierung. So moderiert er unter anderem die „Kitchen Battles“, spielerische Küchenschlachten, bei denen sich Kollegen aus der Spitzengastronomie in den Dienst der guten Sache stellen. Es ist die Haupteinnahmequelle für die „Küche ohne Grenzen“, über die Höner nun das Buch "Kochen ist Politik" verfasst hat.

Zu Vorträgen kommt der Autor auch nach Österreich. Wie es gelingen könnte, die österreichischen Politiker an einem Tisch zu versöhnen? „Es ist ein Privileg, Gastgeber zu sein“, sagt Höner. Deshalb „könnte Herr Kurzreihum jeden einmal einladen und Würstel braten. Wenn man isst, was der Gastgeber selbst zubereitet, darf man ihm nicht mehr böse sein.“