"Wenn Sie damit eine kleine Pille meinen, die ich schlucken kann und dann ist Corona vorüber, das wird es nie geben", sagte Pharmakologe Markus Zeitlinger (Med-Uni Wien) auf die Frage von Moderator Rainer Hazivar am Freitag im Ö1-Morgenjournal. Es werde eine Reihe an antiviralen Substanzen zum Einnehmen geben, so der Experte, das werde helfen, dass die Erkrankung weniger lange infektiös ist, weniger häufig zu einer Hospitalisierung führt. "Aber, dass man sich erwarten kann, ich nehme diese Tablette und bin geheilt ... bei einer Behandlung der Grippe haben wir Jahrzehnte geforscht und haben nach wie vor nichts, dass dem entsprechen würde. Eine einzelne heilende Tablette ist unrealistisch und wird es nicht geben."

Was es aber aktuell schon gibt und worin sehr große Hoffnungen gesetzt werden, sind die sogenannten monoklonalen Antikörper. Mit diesen wurde im Oktober des Vorjahres etwa auch Ex-US-Präsident Donald Trump behandelt. Nach seiner raschen Genesung pries er die Behandlung denn auch als "Wundermittel" an. 

Noch sind die monoklonalen Antikörper von der europäischen Arzneimittelagentur EMA nicht zugelassen, aktuell liegen vier Anträge vor. In Studien werden die Präparate auf ihre Wirksamkeit und Sicherheit getestet, und die Zahlen stimmen positiv. "In den besten Studien haben wir gesehen, dass statt sieben Prozent von Patienten, die normalerweise stationär aufgenommen werden müssen, nur ein Prozent ins Spital muss, wenn sie diese Antikörper bekommen", erklärt Zeitlinger. "Das wäre eine 85 -prozentige Reduktion. Und statt 19 Patienten sind nur zwei auf die Intensivstation gekommen, da sind wir auch wieder bei diesen 85 Prozent. Das ist schon eine sehr, sehr effektive Intervention, wenn sie richtig eingesetzt wird."

Wie monoklonale Antikörper funktionieren

Doch wie funktioniert diese Therapie, wenn sie richtig eingesetzt wird? Ganz grundsätzlich handelt es sich bei Antikörpern um Eiweiße, welche der Körper produziert, um einen Krankheitserreger abzuwehren. Monoklonale Antikörper werden im Labor hergestellt und sollen das Virus nach einer Infektion außer Gefecht setzen. Monoklonal bedeutet, dass die eingesetzten Antikörper alle gleich sind und das Virus an einem fest definierten Ziel angreifen. Im Unterschied dazu bildet der menschliche Körper nach einer Impfung einen Mix an Antikörpern, die das Virus an verschiedenen Stellen binden können. Fachleute sprechen in diesem Fall von polyklonalen Antikörpern.

Wichtig bei der Gabe von Antikörpern ist der Zeitpunkt. "Die Zulassung für all diese Antikörper erwarten wir uns eigentlich für Patienten, die noch ambulant sind, die sich erst vor kurzer Zeit, innerhalb von fünf Tagen etwa, infiziert haben. Dann sind die Antikörper am effektivsten", sagt Experte Zeitlinger. Früh eingegriffen werden muss, weil bei Covid-19 zu Beginn der Erkrankung die Virusvermehrung äußerst stark ist, im weiteren Krankheitsverlauf geht es vordergründig darum, den überschießenden Cytocin-Sturm, die überschießende Immunreaktion zu unterbinden und in den Griff zu bekommen. 

Tausende Euro für eine Behandlung

Eine Antikörper-Therapie stellt aber, etwa im Vergleich zur Impfung, einen deutlich stärkeren Eingriff dar.  Es besteht "ein vielfach höheres Risiko für allergische Reaktionen", so Zeitlinger. "Und der entscheidende Faktor sind in diesem Fall natürlich auch die Kosten. Wir sprechen hier von tausenden Euro für eine Behandlung, man muss diese Antikörper aber nur einmal geben, das ist das Angenehme dran." Diese Behandlungsmethode sehr breit einzusetzen, sei sehr kostspielig und aufwändig. "Denn ich muss das ja hunderten Menschen geben, um einen intensivmedizinischen Aufenthalt zu verhindern."

Eingesetzt wurden und werden diese Antikörper aber auch in Österreich. "Momentan wird es hauptsächlich in der Klinik Favoriten eingesetzt, für Patienten, die nicht ausreichend auf die Impfung angesprochen haben", sagt Zeitlinger. Auch Arschang Valipour, Leiter der Covid-19-Station der Klinik Floridsdorf, hat Erfahrung mit der Antikörper-Therapie, wie er in der aktuellen Folge des "Corona Update"-Podcasts der Kleinen Zeitung schildert. Er formuliert drei Kriterien für ihren Einsatz. "Wenn erstens die Erkrankung recht früh festgestellt wird, zweitens gewisse Risikofaktoren für einen schweren Verlauf bestehen und man drittens davon ausgeht, aufgrund von Alter und Nebenerkrankungen, dass die Betroffenen nicht selbstständig eine ausreichende Immunabwehr aufbauen können."

Durchbruch, aber keine Alternative zur Impfung

Derzeit müssen Antikörper per Infusion in einer medizinischen Einrichtung verabreicht werden, sie sind also nichts, dass man selbst zu Hause einnehmen kann. "Es wird aber an neuen Konzepten gearbeitet, bis hin zur inhalativen Verabreichung, wo man direkt in die Nase oder den Mund Substanzen verabreicht, die gegen die Virusvermehrung kämpfen oder eine Vermehrung blockieren", so Valipour.

Markus Zeitlinger ist überzeugt davon, dass monoklonale Antikörper einen positiven Effekt in der Behandlung von Covid-19-Patienten und Patientinnen haben. "Ein Durchbruch ist es, man darf sich aber nicht vorstellen, dass es das Ende der Pandemie bedeutet oder eine Alternative zur Impfung ist."