Medien sehen es als ihre Aufgabe, ausgewogen zu berichten. In der politischen Berichterstattung ist dies notwendig. In der Wissenschaftlichen allerdings kann dieses 50:50 zu „False Balance“ führen. Das bedeutet, dass belegte Fakten vieler Wissenschaftler Meinungen einiger weniger Wissenschaftler gegenüberstehen. Dies verzerrt die Wahrnehmung. Leserinnen und Leser können so den Eindruck bekommen, auch in der Wissenschaftscommunity steht es in Sachen Covid-19-Schutzimpfung 50:50, wenngleich es eigentlich 98:2 steht.

Gefühlte Wahrheiten spielen in Bezug auf Impfungen also eine große Rolle. Internistin Sabine Horn (LKH Villach) erklärte das im Gespräch mit der Kleinen Zeitung so: „Bei einer Impfung handelt es sich um einen Eingriff in einen gesunden Körper. Das ist für den Menschen etwas ganz anderes als eine Intervention bei einer Krankheit – es befeuert Urängste. Ist eine Meinung dann so stark emotionalisiert, ist es schwer, mit Daten und Fakten zu überzeugen.“ Grund genug, einen Versuch zu starten, um über Impfmythen aufzuklären. 

So hört man hin und wieder Erzählungen, wonach Menschen "mein ganzes Leben lang" nie krank waren, "aber nach der Impfung war ich ständig angeschlagen". Stellt sich also die Frage: Schadet die Impfung dem Immunsystem?

Zerstört die Impfung mein Immunsystem?

Hier sind zwei Dinge zu unterscheiden: Grundsätzlich ist es die Aufgabe einer Impfung, das Immunsystem zu stärken. „Keine Impfung schadet dem Immunsystem, sie trainiert es“, sagt Virologin Monika Redlberger-Fritz (Med-Uni Wien). Die Inhaltsstoffe der Vakzine bleiben auf Dauer nicht im Körper, sondern werden abgebaut. Die unmittelbaren Folgen einer Impfung, also die Impfreaktionen in zeitlicher Nähe zur Verabreichung, können unangenehm sein – wenn es etwa um Fieber, Gliederschmerzen oder Schüttelfrost geht, sind normal und erwartbar. „Sie sind ein Zeichen, dass das Immunsystem einen Eindringling erkennt und dagegen vorgeht“, erklärt die Expertin.

Schwerwiegende Impf-Nebenwirkungen wie etwa Sinusvenenthrombosen oder Herzmuskelentzündungen kommen sehr selten vor. Dass diese als mögliche Folge der Impfung trotz der geringen Fallzahlen detektiert wurden, zeigt, dass das Sicherheitsnetz, das die EMA und andere Arzneimittelbehörden errichtet haben, Wirkung zeigt.

Macht die Impfung "kränker"?

Ebenso geistert - vor allem in sozialen Medien - die Meldung herum, die Impfung selbst würde Personen krank machen, und zwar durch sogenannte "infektionsverstärkende Antikörper". Dieser Mechanismus ist bekannt, wurde etwa beim Dengue-Fieber beobachtet. Hingegen wurde er in Bezug auf Covid-19 bislang nicht nachgewiesen und wurde zudem auch bei der Herstellung der Vakzine miteinkalkuliert. Mehr Informationen zu "ADE" können Sie hier nachlesen