Als werdende Eltern, vor allem wenn es sich um die erste Schwangerschaft handelt, ist man ohnehin beinahe ständig in einem Zustand der Unsicherheit. Man möchte alles tun, um nach neun Monaten ein gesundes Baby in die Arme schließen zu können. Während dieser Zeit prasseln Informationen en masse auf Eltern ein. Informationen, die sie sich selbst anlesen und natürlich gut gemeinte Ratschläge von Freunden und Familie. Hinzu kommen in Zeiten dieser Pandemie auch Meldungen in Bezug auf die Covid-Schutzimpfungen, die noch weiter für Unsicherheit sorgen.

Vor allem eine erhält aktuell wieder Aufwind. Nämlich jene Meldung, dass die mRNA-Impfstoffe für eine erhöhte Rate an Fehlgeburten sorgen würden. Aktuell geistert hier die Rate von 82 Prozent durch das Netz, ähnliche Fake News gab es während der letzten Monate auch mit anderen Werten.

Stimmungsmache mit falsch interpretierten Daten

All diese Meldungen haben eines gemeinsam, sie stützen sich entweder auf medizinische Studien oder auf Registerdaten, etwa aus Großbritannien. Diese Daten werden dann falsch interpretiert wiedergegeben, sei es aus fehlendem Verständnis, oder sei es in dem Bewusstsein, Unsicherheiten zu schüren und Verschwörungstheorien zu verbreiten. Gerade der Umstand, dass hier "echte" Daten fehlinterpretiert werden, macht es auch so schwierig, die Meldungen in den sozialen Medien als Falschmeldung zu identifizieren.

Helfen können bei diesem Unterfangen Accounts wie jener von Sylvia Kerschbaumer-Gruber. Auf ihrem Instagram-Account molecular.sylvia debunked die Post-Doc an der MedUni Wien regelmäßig Falschmeldungen. Sehr aufwändig erklärt sie in ihrem aktuellen Post, was es mit den 82 Prozent auf sich hat.

82 Prozent Fehlgeburtenrate: eine selektive Berechnung

Diese vermeintliche Fehlgeburtenrate von 82 Prozent nach einer Impfung mit einem der mRNA-Vakzine entstammt einer Studie, die im New England Journal of Medicine publiziert wurde. „Preliminary Findings of mRNA Covid-19 Vaccine Safety in Pregnant Persons” wurde am 17. Juni 2021 veröffentlicht. Diese Studie kam zu dem Ergebnis, dass Schwangere im Vergleich zu Nicht-Schwangeren nicht mehr schwerwiegende Impfreaktionen hatten. Abgesehen von Schmerzen an der Einstichstelle, diese berichteten schwangere Frauen häufiger. Die Autoren dieser Studie geben auch an – etwa im Titel – dass ihre Erkenntnisse vorläufig sind, und dass es – obwohl es aktuell keine negativen Signale gibt – vor allem zu Impfungen im ersten und zweiten Trimester weitere Daten brauche.

Die 82 Prozent kommen zustande, indem nur Fehlgeburten aus den Trimestern eins und zwei berücksichtigt wurden. Das klingt dramatisch und besorgniserregend, ist aber eine falsche Berechnung, die auf dem Weglassen bestimmter Daten und Überbewertung anderer fußt. Über die gesamte Studienpopulation beträgt die Fehlgeburtenrate 12,6 Prozent. Die Hintergrundinzidenz liegt in den USA zwischen zehn und 26 Prozent, dieser Wert besagt, wie häufig Fehlgeburten generell in der Bevölkerung vorkommen. Der Wert von 12,6 Prozent bewegt sich also in dem Korridor, der auch das normal vorkommende Hintergrundrauschen umfasst.

Nein, die Covid-Impfung macht NICHT unfruchtbar

Ein anderes Gerücht, dass sich hartnäckig hält, ist, dass die mRNA-Impfungen Menschen unfruchtbar machen. Auch das stimmt nicht, wie Science Buster und Molekularbiologe Martin Moder in einem seiner Clips erklärt. Dass Impfungen, egal welche, sich auf die Fertilität auswirken, ist eine Theorie, die schon über unterschiedlichste Impfstoffe in Umlauf gebracht wurde. Mit den Covid-Schutzimpfungen hat dieses Gerücht, befeuert durch Impfgegner, wieder Aufwind erhalten. Es wird dadurch aber nicht wahrer, wie Moder im Gespräch mit Futter, dem jungen Magazin der Kleinen Zeitung, erklärt hat: „Wenn das wahr wäre, dann würde es auch bedeuten, dass das Virus selbst Menschen unfruchtbar macht.“ Und das sei eindeutig nicht der Fall. „Wir haben so viele Daten, von Schwangeren, von Frauen, die nach einer Corona-Infektion schwanger wurden, die das widerlegen.“

Das Fazit: Mehr Daten, aber keine negativen Signale

Mehr Daten zur Covid-Schutzimpfung und ihre Wirkung auf Schwangere sind notwendig. Aktuell gibt es aber keine Signale, dass eine Impfung negative Auswirkungen haben könnte. Wir wissen aber sicher, dass eine schwangere Frau, sollten sie an Covid-19 erkranken, ein erhöhtes Risiko hat, einen schweren Verlauf zu entwickeln. Auch das Risiko von Früh- und Totgeburten im Falle einer Erkrankung ist erhöht.

Aus diesem Grund empfiehlt das Nationale Impfgremium in Österreich, aber etwa auch die Gesundheitsbehörden in den USA, Covid-Schutzimpfungen für Schwangere. Ebenda wurden schwangere Frauen bevorzugt geimpft und das schon seit vielen Monaten. In einer Nachbeobachtung von 5000 schwangeren und geimpften Frauen fanden Wissenschaftlerinnen aus den USA keinen Hinweis für einen gesteigerten Wert von Komplikationen.