Die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) hatte am Mittwoch erklärt, dass es sich nach ihrer Einschätzung bei den aufgetretenen Blutgerinnseln um Nebenwirkungen des Vakzins handelt. Die EMA nahm jedoch keine Änderung an ihrer uneingeschränkten Empfehlung für den Impfstoff vor. In Europa gelten in unterschiedlichen Staaten schon länger unterschiedliche Regeln beim Einsatz des AstraZeneca-Mittels, das vom Unternehmen mittlerweile unter dem Namen Vaxzevria vermarktet wird.

Auf Symptome achten 

Geimpften riet die EMA, auf das Risiko der sehr seltenen Blutgerinnsel zu achten. Patienten sollten sofort einen Arzt aufsuchen, wenn sie die folgenden Symptome haben: Kurzatmigkeit, Brustschmerzen, Schwellung im Bein, anhaltende Bauchschmerzen, neurologische Symptome einschließlich schwerer und anhaltender Kopfschmerzen oder verschwommener Sicht sowie winzige Blutflecken unter der Haut über die Injektionsstelle hinaus.

Frankreich, Deutschland, Finnland 

Die portugiesische EU-Ratspräsidentschaft hatte in der Einladung zum Treffen der Gesundheitsminister eine einheitliche Linie eingemahnt. "Eine Harmonisierung auf EU-Ebene wird von wesentlicher Bedeutung sein, um die Verbreitung von Falschinformationen zu stoppen", hieß es in dem Dokument. EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides sagte den Ministern ihren Redenotizen zufolge, ein koordiniertes Vorgehen "verwirre die Bürger nicht und leiste auch nicht einer Impf-Scheu Vorschub".

Aus EU-Kreisen verlautete nach dem Treffen, das Thema werde bei zukünftigen Gesprächen wieder aufgegriffen. Damit blieben in der EU verschiedene Altersgrenzen gültig: In Frankreich etwa ab 55 Jahren, in Deutschland ab 60, in Finnland ab 65. 

Spanien 

Auch in Spanien soll der Corona-Impfstoff von AstraZeneca vorerst nicht mehr an unter 60-Jährige verabreicht werden. Das habe das Gesundheitsministerium den Regionen des Landes empfohlen, teilte Ministerin Carolina Darias in der Nacht auf Donnerstag in Madrid mit. Es handle sich um einen vorläufigen Vorschlag. "Mit den bisher vorliegenden Informationen und als Vorsichtsmaßnahme wird empfohlen, den Impfstoff bei Menschen ab 60 Jahren einzusetzen", so Darias nach einem Treffen des Interterritorialen Gesundheitsrates.

Großbritannien 

Die britische Impfkommission JCVI (Joint Committee on Vaccination and Immunisation) wollte sich nicht festlegen, was die Ursache der Blutgerinnsel ist. Sie passte jedoch ihre Empfehlung für Menschen unter 30 Jahren an, die nun ein anderes Vakzin verabreicht bekommen sollen, hieß es am Mittwoch.

In Großbritannien sind nach Angaben der Arzneimittelbehörde MHRA
bisher 79 Fälle von seltenen Blutgerinnseln nach Impfungen mit dem AstraZeneca-Präparat aufgetreten. Dabei kam es zu 19 Todesfällen. Junge Menschen sind dabei überproportional stark betroffen. Ein direkter Zusammenhang mit dem Impfstoff konnte laut Impfkommission zwar noch nicht nachgewiesen worden. Aber angesichts des geringeren Risikos für jüngere Menschen an Covid-19 zu sterben, habe man diese Abwägung getroffen, hieß es.

"Dies ist ein Kurswechsel", sagte der medizinische Regierungsberater Jonathan Van-Tam. "Wir hoffen nicht, dass er zu weniger Vertrauen in die Impfstoffe führt." Die Vorteile des Impfstoffs würden weiterhin die Risiken für die allermeisten Menschen überwiegen. Außerdem werde man jegliche Nebenwirkungen weiterhin sehr sorgfältig überwachen und prüfen. Premierminister Boris Johnson betonte, Menschen jeden Alters könnten durch die aktualisierte Empfehlung der Experten volles Vertrauen in die Impfstoffe haben.

Österreich 

In Österreich hat sich das Nationale Impfgremium (NIG) Mittwochabend trotz des Zusammenhangs mit seltenen Fällen von Blutgerinnsel nach einer Impfung mit dem AstraZeneca-Impfstoff für eine unveränderte Weiterführung des österreichischen Impfprogramms ausgesprochen. Hierzulande werden somit alle Altersgruppen ab 18 Jahre damit immunisiert.

Der Corona-Impfstoff des britisch-schwedischen Herstellers AstraZeneca sei "ein guter Impfstoff, den wir brauchen", sagte die Direktorin für die Öffentliche Gesundheit, Katharina Reich, im ORF-Morgenjournal. Das Bild des Vakzins nach außen habe allerdings leider "wirklich gelitten", räumte die Vertreterin des Nationalen Impfgremiums (NIG) ein. 

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