„Spannend dabei ist, dass sich das Virus nicht direkt auf die betreffenden Nervenzellen auszuwirken scheint. Betroffen sind sogenannte Unterstützerzellen. Diese sind dazu da, Nervenfunktionen aufrechtzuerhalten“, sagt Neurologe Christian Enzinger (Med Uni Graz). Daraus ließe sich auch erklären, warum Geschmacks- und Geruchssinn nach einiger Zeit wieder zurückkehren.

Keine Seltenheit


„Was sehr häufig vorkommt, ist, dass bei einem schweren Verlauf der Erkrankung Kopfschmerzen, Schwindel, Müdigkeit, Bewusstseinsstörungen oder epileptische Anfälle auftreten“, sagt Enzinger. Aber nicht nur Beeinträchtigungen während der Erkrankung sind möglich. Auch neurologische Folgeerkrankungeninnerhalb der ersten sechs Wochen nach der Genesung konnten festgestellt werden. So klagen viele Patienten über eine starke Ermüdbarkeit – beispielsweise beim Stiegensteigen. Und das, obwohl laut Untersuchungen ihre Herz- und Lungenfunktion im Normalbereich waren.

Schlaganfälle als Folge

In seltenen Fällen kann es auch zu schlimmeren Folgen kommen: „Es kann vorkommen, dass Menschen nach einer Covid-19-Infektion einen Schlaganfall erleiden. Auffällig dabei ist, dass es sehr oft junge Menschen ohne die üblichen Risikofaktoren sind“, sagt der Experte. Darin sieht der Neurologe auch einen großen Unterschied zum Influenzavirus: „Wir kennen es, dass eine schwere Grippe zu Hirnentzündungen führen kann. Ein Schlaganfall als Folge kommt aber so gut wie nicht vor.“ Damit Warnsignale so früh wie möglich erkannt werden, wird in Österreichs Krankenhäusern zwischen den unterschiedlichen Fachbereichen zusammengearbeitet.
Bei Patienten auf den Intensivstationen gibt es auch immer wieder neurologische Checks: „Der Schulterschluss zwischen Anästhesie, Neurologie und Innerer Medizin ist hier wichtig. So können wir Risiken erkennen und individuell auf die Patienten eingehen“, sagt der Neurologe. Das sei vor allem daher wichtig, weil bisher noch kein Muster erkannt werden konnte, dem diese Verläufe folgen.

Enge Zusammenarbeit

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Seitens der Forschung wird daran intensiv gearbeitet: 400 Kliniken haben sich weltweit zusammengeschlossen, um Erkenntnisse zusammenzutragen. In Innsbruck werden 140 genesene Patienten ein Jahr lang weiter beobachtet. Sie werden drei Monate und ein Jahr nach ihrer Erkrankung nochmals genauestens untersucht, um mehr über mögliche Folgeerkrankungen zu erfahren. „Es gibt viele Forschungsbemühungen. Wichtig ist jetzt, dass wir eng zusammenarbeiten“, sagt Enzinger.