Das Mikrobiom ist in aller Munde: Die Forschung versucht zu ergründen, wie unsere bakteriellen Mitbewohner uns gesund, aber auch krank machen können. Was steckt eigentlich genau hinter diesem Begriff Mikrobiom?

CHRISTINE MOISSL-EICHINGER: Mit dem Begriff Mikrobiom fasst man alle Mikroben zusammen, die mit unserem Körper vergesellschaftet sind: Mikroben auf der Haut, im Mundbereich und vor allem im Darm. Alle Oberflächen sind von Mikroben besiedelt und diese tun viel Gutes für uns.

Woher stammt diese enge Verbindung zwischen dem Menschen und seinen Mikroben?

Der Hauptgrund ist, dass wir als Menschen viele Funktionen verloren haben und „Outsourcing“ betreiben: Mikroben übernehmen für uns Aufgaben, die wir selbst nicht mehr durchführen können. So haben wir unsere Verdauung aufgeteilt - Mikroben zerkleinern für uns komplexe Nahrungsbestandteile wie Ballaststoffe. Im Gegenzug bieten wir Mikroben Lebensraum und Futter.

Christine Moissl-Eichinger
Christine Moissl-Eichinger © UNI/Kanizaj

Bleiben wir beim Darm: Woran erkennt man ein gesundes Mikrobiom?

Das ist individuell unterschiedlich - was wir aber sehen, ist, dass ein gesundes Mikrobiom sehr stabil ist. Es lässt sich durch kleine Störungen nicht aus dem Konzept bringen und gelangt leicht in den Normalzustand zurück. Fahren wir zum Beispiel nach Indien und essen fremdes, scharfes Essen, reagiert jedes Mikrobiom darauf. Aber ein gesundes Mikrobiom kommt wieder zum Ausgangszustand zurück. Finden aber viele Antibiotikagaben statt oder kommt es zu Infektionen, kann sich das Mikrobiom langfristig ändern.

Was sind die größten Einflussfaktoren auf das Mikrobiom?

Die Ernährung ist ein zentraler Punkt: Wichtig ist, dass die Mikroben im Darm beschäftigt sind - mit dem Abbau komplexer Nahrungsstoffe wie etwa der Ballaststoffe. Stehen diese Nahrungsbestandteile nicht zur Verfügung, fangen die Mikroben möglicherweise an, die Darmschleimhaut abzubauen - eine abwechslungsreiche Ernährung mit viel Obst und Gemüse und wenig Fertigprodukten verhindert das. Es gilt: Mit viel Selbstgekochtem hält man das Mikrobiom auf Trab.

Probiotikum: Wie wirksam sind die Bakterien zum Schlucken?

Wenn man sich die Studien anschaut, sieht man, dass Probiotika nicht bei jedem wirken, gleichzeitig aber auch positive Effekte haben können. Die Wirkweise ist aber nicht immer klar. Bei einem gesunden Mikrobiom können Probiotika nichts bewirken, da sich keine neuen Bakterien ansiedeln können. Generell gilt: Sein Mikrobiom kann man am besten über die gesunde Ernährung beeinflussen: Ballaststoffe füttern die Bakterien. Die meisten Probiotika haben wir ja schon in unserem Darm und die kann man mit dem entsprechenden Futter fördern.