1. Jede Stunde kommt es in Österreich zu einem Riss des vorderen Kreuzbands: Welche Sportarten sind besonders risikoreich?

Fußball, Basketball, Skifahren: Diese Sportarten bergen ein besonders hohes Risiko für Kreuzbandverletzungen, erklärt Gerald Gruber, Leiter der Sektion für Sportorthopädie und Gelenkchirurgie am LKH-Uniklinikum Graz. Was diese Sportarten so gefährlich macht, ist das hohe Tempo, schnelle Richtungswechsel und auch Sprunglandungen.

2. Was macht gerade das Kreuzband so anfällig?

Bei akuten Verletzungen des Knies sind Kreuzband und Innenband am häufigsten betroffen. „Oft gibt es auch Verletzungskombinationen, wo sowohl Kreuz- und Innenband als auch Meniskus betroffen sind“, sagt Gruber. Frauen sind bis zu vier Mal häufiger von einem Kreuzbandriss betroffen als Männer: Das liegt an anatomischen Gegebenheiten, aber auch daran, dass Frauen häufiger muskuläre Dysbalancen haben: Die vordere Oberschenkelmuskulatur ist stärker als die hintere – es ist aber gerade die „hintere“ Muskulatur in der Kniekehle, die das Kreuzband schützt.

Gerald Gruber, Sportorthopäde
Gerald Gruber, Sportorthopäde © LKH Graz

3. Wie kann ich mich vor einer Verletzung schützen?

„Das Wichtigste ist, muskuläre Ungleichgewichte auszugleichen“, sagt Gruber – diese können angeboren oder auch über die Jahre entstanden sein. Zentral ist dabei die Balance zwischen vorderer und hinterer Muskulatur im Oberschenkel. Das gelingt nur mit gezieltem Training: Krafttraining, Schnellkrafttraining, aber auch Training des Körpergefühls: Dazu zählen Sprungübungen und Gleichgewichtstraining. „Das ist auch für Hobbysportler ganz wichtig, denn sie haben ein sehr hohes Verletzungsrisiko“, sagt Gruber.

4. Brauche ich Hilfe beim Training?

„Entscheidend ist, dass ein Sportorthopäde sich das Bein anschaut und Dysbalancen erkennt“, sagt Gruber. Dann bekommt man Anleitungen für gezielte Übungen oder geht zur Physiotherapie. Der Nutzen dieser Vorsorge ist: Gezielte Vorbereitung und Aufwärmübungen direkt vor dem Sport können schwere Verletzungen verhindern, das haben Studien gezeigt. „Man sollte gewisse Rituale haben, bevor man auf die Piste oder das Spielfeld geht“, sagt Gruber.

5. Welche Übungen eignen sich dafür?

Gruber rät, sich zunächst immer ärztlich beraten zu lassen – zentrale Übungen sind aber: Training mit einem Balance Board, Sprungübungen (mit einem Bein abspringen, mit dem anderen landen) oder Kraftübungen wie Kniebeugen – die aber richtig ausgeführt werden müssen.

Das Kreuzband
Das Kreuzband © Kleine Zeitung

6. Wenn schon etwas passiert ist: Muss ein Kreuzbandriss operiert werden?

„Nein, nicht jeder Kreuzbandriss muss operiert werden“, sagt Gruber – die Entscheidung ist abhängig von der Verletzung und den Sportarten, die Betroffene weiterhin ausführen wollen. „Wenn Meniskus oder Knorpel ebenfalls betroffen sind, ist meist eine Operation notwendig“, sagt Gruber. Dabei wird aus körpereigenen Sehnen oder aus einer Spendersehne ein neues Kreuzband konstruiert. Auch wenn man wieder Risikosportarten wie Skifahren oder Fußball betreiben will, rät Gruber zur Operation: „Ohne Kreuzband ist das Risiko für weitere, schwere Verletzungen am Knie sehr groß.“ Begnügt man sich allerdings mit Radfahren oder Joggen, sei das auch ohne Kreuzband möglich.