"Über Geld spricht man nicht.“ Dieser weit verbreitete Verhaltensgrundsatz stellt Eltern spätestens dann vor eine heikle Hürde, wenn es ums Thema Taschengeld für den Nachwuchs geht. Ob überhaupt? Wenn, ab welchem Alter? Wie viel ist angemessen? In welchem Rhythmus auszahlen? Welche Ausgaben sind damit zu decken?
Dass Kinder ein Taschengeld bekommen, befürworten Erziehungsexperten. Kinder sollen ein Gefühl für Geldmengen bekommen und einen eigenverantwortlichen Umgang mit Geld erlernen, argumentieren sie. Auch den richtigen Zeitpunkt nennen sie: Der Schuleintritt, da Kinder zeitgleich beginnen, über den Rechenunterricht einen Überblick über Größen und Mengen zu bekommen.

Bleiben Höhe und Auszahlungsintervall als offene Variable. Wobei der Rahmen klar abgesteckt ist: Familien dürfen sich mit den Zuwendungen an den Nachwuchs finanziell nicht überfordern. Die Höhe des Taschengelds muss sich am Familieneinkommen orientieren, an die Anzahl der Geschwister angepasst sein und berücksichtigen, was damit alles bezahlt werden soll – zum Beispiel, ob auch die Handyrechnung oder Schuljause ins eigenverantwortete Budget des Nachwuchses fallen. Und es ist altersabhängig: je älter, desto mehr.

Als Richtwerte für die Berechnung der Taschengeldhöhe bieten Erziehungsratgeber und sogar das Wirtschaftsministerium ein altersabhängiges Modell. In einschlägigen Tabellen wird teilweise sogar die Inflation eingepreist. Für Kinder zwischen sechs und acht Jahren werden demnach zwischen 50 Cent und zwei Euro pro Woche empfohlen; für Acht- bis Zehnjährige zwei bis drei Euro wöchentlich.
Nach der Volksschule kann man auf einen monatlichen Zahlungsrhythmus umstellen, weil die Kinder erst ab dann eine Zeitspanne von einem Monat überblicken können. So wird für 10- bis 12-Jährige acht bis 14 Euro monatlich als Orientierungssumme angegeben, für 12- bis 14-Jährige bis zu 20 Euro pro Monat. Ab 14 kann der Betrag auf bis zu 35 Euro pro Monat angehoben werden, für Über-16-Jährige wird ein Wert von bis zu 60 Euro genannt.

Die pädagogische Stoßrichtung bleibt freilich immer dieselbe: Die Kinder sollen eine Beziehung zu jenen Münzen und Scheinen aufbauen, die „die Welt regieren“. Einfach ist das nicht. Offen über das Familieneinkommen sprechen, die Kinder zum Einkaufen mitnehmen und in Kaufentscheidungen einbinden, Preise vergleichen lassen: All das funktioniert natürlich und wird das erzieherische Ziel nicht verfehlen. Andererseits wird es zunehmend schwierig, weil Bargeld mit wachsender Geschwindigkeit aus unserem Alltag verschwindet. Nicht zuletzt befeuert durch die Corona-Verhaltensregeln und den damit empfohlenen bargeldlosen Zahlungsverkehr, kann der Umgang mit Geld bei Kindern so vom trügerischen Gefühl geprägt werden, bei Geld handle es sich um eine unsichtbare, grenzenlos vorhandene Ressource. Man brauche nur Karte, Handy oder Uhr an ein Einlesegerät zu halten – und alles ist immer bezahlt.

Bei Jugendlichen mit eigener Bankomat- oder Kreditkarte führt dieses Gefühl nicht selten direkt in eine Schuldenspirale. Gepaart mit der ersten Wohnung, dem ersten Auto, steigenden Handykosten, florierendem Onlineshopping und im schlimmsten Fall Arbeitslosigkeit wird das wachsende Minus so zu einem frühen Fiasko. Was dennoch nicht selten bleibt, ist die Sorglosigkeit. Die Bereitschaft, auf etwas zu verzichten, schrumpft in einer konsumgetriebenen Gesellschaft, das „Anpumpen“ von Familie und Freunden wird zum Kavaliersdelikt. Die Schuldenfalle schnappt zu. So nimmt die Verschuldungsrate unter Jugendlichen seit Jahren tendenziell zu. Eine Spätfolge: 15 Prozent aller Privatkonkursanträge in Österreich betreffen mittlerweile Unter-30-Jährige.