Während es in den letzten Jahren und Jahrzehnten massive Fortschritte in der Behandlung von Krebserkrankungen gab, sind einige Krebsformen aus verschiedenen Gründen noch immer schwer therapierbar. Eine davon ist Leberkrebs, genauer gesagt das hepatozelluläre Karzinom. Forscherinnen und Forscher der Med Uni Graz haben sich in einer neuen Publikation, die im Journal „Science Advances“ publiziert wurde, neuen Therapiemethoden gewidmet. In der Arbeit wurde erforscht, wie sich Fasten auf die Behandlung des Karzinoms auswirkt – die Ergebnisse sind vielversprechend.

Mehr als nur Diät-Hype

Fasten und seine Effekte stehen bereits seit längerer Zeit im Rampenlicht der biologischen und medizinischen Forschung. Die positiven Auswirkungen des regelmäßigen Verzichts auf Nahrung werden in immer mehr Studien deutlich. Die Med Uni Graz hat in Zusammenarbeit mit der Universität Utrecht und dem Max-Planck-Institut in Dresden die molekularen und metabolischen Vorgänge während der Behandlung von Krebszellen des hepatozellulären Karzinoms erforscht. Im Fokus stand dabei eines der größten Probleme bei der Behandlung dieses Karzinoms: schnell einsetzende Resistenzen gegen Therapeutika und daraus folgend ein relativ frühes Ende der möglichen Therapieoptionen. Die Veränderungen in der Zelle, die durch das Fasten hervorgerufen werden, können dabei helfen, diese Resistenzen zu umgehen. In Anbetracht dessen, dass das hepatozelluläre Karzinom zu den tödlichsten Karzinomen zählt und die Inzidenz dieser Erkrankung weltweit steigt, steht die Forschung an dieser Art des Karzinoms besonders im Vordergrund.

Resistenzen als Problem

Genau gesagt geht es um die Arznei Sorafenib. Der Wirkstoff wird unter anderem gegen Leberzell- und Nierenzellkarzinome eingesetzt. Sorafenib stört die Zellteilung und unterbindet die Blutversorgung von Tumoren. Die Tumorzellen werden daran gehindert, sich zu vermehren, und neu gebildete Zellen können nicht mehr an das Gefäßsystem angeschlossen werden. Anfangs schlägt diese Behandlung gegen Leberzellkarzinome gut an, schnell entwickeln diese Tumore allerdings eine Resistenz gegen Sorafenib und das Karzinom kann wieder wachsen.

Wie die Forscherinnen und Forscher der Med Uni Graz zeigen konnten, hat Sorafenib noch einen weiteren Effekt, der auch in resistenten Zellen zu tragen kommt: Es inhibiert die zelluläre Atmung der Mitochondrien. Steht aber genug Glukose als Energieträger zur Verfügung, können sich die Krebszellen trotzdem weiterhin teilen.

Fasten als Kombinationstherapie

Andreas Prokesch
Andreas Prokesch © Med Uni Graz

„Wird Sorafenib aber gemeinsam mit Fasten (und damit Einschränkung von Glukose) angewandt, werden die beiden wichtigsten Energie liefernden Mechanismen unterdrückt und das Tumorwachstum signifikant verlangsamt“, erklärt der Studienleiter Andreas Prokesch vom Gottfried Schatz Forschungszentrum der Med Uni Graz. „Somit kann Fasten dabei helfen, die Entstehung von Resistenzen gegen Sorafenib zu verhindern beziehungsweise zu reduzieren.“ Erforscht wurden die kombinatorischen Effekte von Sorafenib und Fasten in isolierten Leberkrebszellen, in von Patientinnen und Patienten gewonnenen Organoiden wie auch im lebenden Organismus von Mäusen.

Neue Therapieoption bei Leberkrebs

Fasten als Kombinationstherapie könnte für den klinischen Alltag relevant sein, da in etlichen Studien gezeigt wurde, dass Fasten für eine Gruppe von metabolisch stabilen Krebspatientinnen und -patienten sehr gut verträglich ist und keine weiteren ungewollten Nebenwirkungen hervorruft. In der Studie wurde auch gezeigt, dass der Tumorsuppressor p53 für den kombinatorischen Effekt von Fasten und Sorafenib notwendig ist. Damit kommt diese Behandlungsstrategie für jene zwei Drittel aller Leberkrebspatientinnen und -patienten infrage, die keine p53-Mutation aufweisen.

Weiterführende Arbeiten sollen zeigen, ob sich diese Kombinationstherapie auf die Behandlung des hepatozellulären Karzinoms in der klinischen Praxis übertragen lässt.