„Die Bedeutung unseres Geruchs- und Geschmackssinns wird oft erst erkannt, wenn die Sinne ihren Aufgaben nicht mehr nachkommen. Die Ursachen für eine Störung sind vielfältig. Doch in den meisten Fällen ist sie nur vorübergehend und therapierbar“, erklärt Georg Langmayr, Fachgruppenvertreter für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten der Ärztekammer für Oberösterreich. „Unsere Nase kann mehrere tausend Düfte wahrnehmen. Die Zunge hingegen unterscheidet nur fünf Geschmacksrichtungen - salzig, süß, sauer, bitter und umami. Um Aromen wahrzunehmen, ist ein Luftstrom zu den Riechzellen der Nase, von denen der Mensch rund 30 Millionen besitzt, erforderlich.“

Soziale und gesundheitliche Probleme sind vorprogrammiert

In vielen Fällen nehmen Betroffene eine Störung des Geruchssinns nicht sofort wahr, ebenso wie die Auswirkungen auf den Geschmackssinn. Die Folge: Es kann zu einer Mangel- und Fehlernährung kommen, da zum Beispiel der Appetit nachlässt oder Speisen überwürzt werden. Bei Verlust des Geruchssinns besteht zudem die Gefahr, verdorbene Lebensmittel zu verzehren, was schlimmstenfalls eine Lebensmittevergiftung nach sich ziehen kann. Gefährlich ist es auch, wenn Brandgeruch nicht mehr wahrgenommen wird.

„Nichts mehr riechen oder schmecken zu können, zieht weite Kreise im Leben von Betroffenen. Sie reduzieren häufig ihr Sozialleben, da viele Unternehmungen mit Essen verbunden sind. Hinzu kommt die Angst vor Körpergeruch, weshalb Parfums und Deos teilweise überdosiert werden. Gleichzeitig fehlen durch die Störung wichtige, unbewusst wahrgenommene Informationen in der nonverbalen Kommunikation“, weist Georg Langmayr auf die Folgen hin.

Wenn das Essen plötzlich langweilig schmeckt

Eine Vielzahl an Erkrankungen kann zu einer Geruchs- oder Geschmacksstörung bis hin zu deren Verlust führen. Im Herbst und Winter sind vor allem Erkältungen und die Grippe dafür verantwortlich, dass die eingeatmete Luft auf ihrem Weg zur Riechschleimhaut behindert wird. Auch infolge von Schädelverletzungen, zum Beispiel durch einen Sturz oder Schlag auf den Kopf, sind Störungen möglich. Zudem können Nasenpolypen und andere Erkrankungen der Nasennebenhöhlen, ein veränderter Hormonhaushalt (beispielsweise durch eine Schwangerschaft), ein Schlaganfall oder Nebenwirkungen von Medikamenten den Geruchs- und Geschmackssinn beeinträchtigen, ebenso wie Rauchen und Alkoholkonsum. Weniger bekannt ist, dass sich die Riechleistung mit zunehmendem Alter vermindert, da die Fähigkeit der Riechzellen, sich zu erneuern, verloren geht.

Seit März hält eine weitere Ursache die Welt in Atem: das Coronavirus. Auch wenn die Forschung noch am Anfang steht, zeigen Studien, dass etwa zwei Drittel der an COVID19-Erkrankten ihren Geruchs- und Geschmackssinn verlieren. Dabei scheint vor allem die Wahrnehmung für bittere oder süße Geschmacksrichtungen gestört zu sein. Mit Blick auf die kommende Schnupfen- und Grippesaison ist das für die Differentialdiagnostik eine wichtige Erkenntnis. Die Aussicht, dass sich die Störung wieder gibt, ist gut, wobei sich der Geschmackssinn schneller zu regenerieren scheint als der Geruchssinn, bei dem die Erneuerung der Sinneszellen mehrere Monate dauert.

Frühzeitige Diagnose ist wichtig

„Sind Riechen und Schmecken nur mehr eingeschränkt oder gar nicht mehr möglich, sollte auf jeden Fall eine HNO-Fachärztin oder ein HNO-Facharzt zur weiteren Abklärung aufgesucht werden“, empfiehlt Georg Langmayr. Meistens kommen aber Geschmacks- und Geruchssinn von alleine wieder zurück. Ist das nicht der Fall, kann je nach Ursache auch eine Operation, wie zum Beispiel bei Polypen oder einer verkrümmten Nasenscheidenwand, Abhilfe schaffen. Auch das Training mit Riechstiften, sogenannten Sniffin' Sticks, kann die Sinneswahrnehmung verbessern.

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