Ich bin in Hamburg zur Welt gekommen und gemeinsam mit meiner älteren Schwester aufgewachsen – in einer ganz normalen bürgerlichen Familie. Soziale Kompetenz war meinen Eltern in der Erziehung wichtig, niemals auf Kosten Dritter zu leben, war ein Grundsatz.
Ich hatte eine extrem glückliche Kindheit. Zu den Leitsprüchen meines Vaters hat auch der Satz gehört „Such dir als Beruf etwas, das du liebst – dann musst du nie arbeiten.“ So empfinde ich meinen Job bis heute. Was ich mache, mache ich total gerne. Ich denke oft an diesen Rat meines Vaters: Momentan scheint man ja nur von Getriebenen umgeben zu sein, so nach dem Motto „Schneller, höher, weiter“ – und ganz oft auch auf Kosten Dritter. Das ist schade, da bin ich zum Glück anders erzogen worden.

Meine Schwester ist interessanterweise auch im Journalismus gelandet. Wir arbeiten heute noch zusammen, sie macht viele Filme für meine Firma. Wir haben ein sehr enges Verhältnis, was auch daran liegt, dass wir fast gleich alt sind. Sie ist ja nur ein Jahr, zwei Wochen und zwei Tage älter als ich. Wir haben eine sehr, sehr intensive Beziehung.

Meinen Vater habe ich sehr früh verloren. Er wurde krank, als ich 15 oder 16 Jahre alt war. Er hatte einen Hirntumor, aber das wurde erst sehr spät diagnostiziert, erst als ich 18 Jahre alt war. Ich war noch keine 20, als er gestorben ist. Wir haben ihn zu Hause gepflegt und betreut, er ist auch zu Hause verstorben. Das war natürlich schwer für mich. Aber im Nachhinein weiß ich, dass mir auch etwas gegeben worden ist, was es heute leider kaum noch gibt: dass man sich von den Liebsten in den eigenen vier Wänden verabschieden kann. Aber es ist schon eine sehr intensive Erfahrung, die einen das ganze Leben begleitet.

Zu meiner Mutter habe ich bis heute ein sehr inniges Verhältnis. Was wir durch die Krankheit meines Vaters gemeinsam erlebt haben, kann man auch nur gemeinsam verarbeiten, auch wenn jeder Mensch anders trauert. Das tiefe Gefühl der gemeinsamen Trauer verbindet. Wir leben das, was mein Vater von uns gewollt hätte: ein glückliches Leben. Aber eben auch ein sehr bewusstes Leben – denn wenn man erlebt hat, dass das Leben von heute auf morgen vorbei sein kann, lebt man viel bewusster. Sätze wie „Das können wir ja in Zukunft einmal machen“ sind der falsche Ansatz. Das hat mein Vater auch immer gesagt.

Nach der Matura habe ich ein paar Semester Medizin studiert. Dass ich einen Studienplatz für Medizin bekommen habe, hat mein Vater noch miterlebt. Er lag schon am Sterbebett, als er zu mir sagte: „Jörg, das wirst du nie fertig machen, du landest irgendwie im Journalismus.“ Und so ist es ja auch gekommen. Ich finde es unglaublich, dass er schon diese Weitsicht hatte.

Jörg Pilwa und seine Frau Irina
Jörg Pilwa und seine Frau Irina © (c) APA/HERBERT NEUBAUER (HERBERT NEUBAUER)

Weil ich selber eine glückliche Kindheit hatte, war mir immer klar, dass ich auch selbst Kinder haben wollte. Meine Frau Irina habe ich bei einem „Warm-up“ vor einer meiner Shows in Hamburg kennengelernt. Vor einer Show gibt es ja Menschen, die das Publikum schon unterhalten. Auch Freunde von Irina haben da einmal mitgemacht und die haben sie gefragt, ob sie nicht Lust hätte, das auch einmal zu probieren, weil sie lustig und spontan ist. Da habe ich sie gesehen und da war’s dann um mich geschehen.

Was unsere Partnerschaft auch heute, nach 20 Jahren, noch auszeichnet, ist: Wir können unglaublich gut und intensiv miteinander lachen. Ich finde, diese Entspanntheit, die wir beide in dieser Partnerschaft leben können, die ist schon außergewöhnlich. Das war von Anfang an so, und das ist so geblieben. Sehe ich Paare in einem Restaurant, die bei einem Drei-Gänge-Menü nicht ein Wort miteinander wechseln, dann weiß ich: Diese Ehe ist tot. Das ist bei uns definitiv nicht der Fall. Ja, es passt einfach. Das weiß man freilich nicht, wenn man sich kennenlernt. Es hätte ja auch sein können, dass meine Frau ganz andere Wege einschlägt oder ich auf irgendwelche Ideen komme. Dass es nach 20 Jahren noch passt, hat viel mit Glück zu tun. Und das kann man ja bekanntlich nicht planen.

Was mich als Vater auszeichnet, müssten Sie eigentlich meine vier Kinder fragen. Aber ich glaube schon, dass sie es spannend und gut finden, dass ich Interesse an ihrem Leben habe und dass wir gewisse Rituale leben – zum Beispiel versuchen wir, pro Tag zumindest eine Mahlzeit gemeinsam einzunehmen und Feiertage sowie Geburtstage gemeinschaftlich zu verbringen. Familiensinn, das versuchen wir schon zu leben, und interessanterweise kommen die Kinder immer alle noch gerne – selbst die beiden Großen sind gefühlt genauso viel bei uns wie zu der Zeit, als sie noch bei uns gewohnt haben.

Mit dem Wort Patchworkfamilie habe ich so meine Schwierigkeiten, weil ich es nie so empfunden habe. Mein 22-jähriger Sohn Finn stammt zwar aus meiner ersten Ehe, aber Irina hat ihn kennengelernt, da war er ein Jahr alt. Finn ist mit meiner Frau groß geworden. Sie ist für ihn genauso ein Teil seines Lebens wie ich. Wir haben einen sehr guten Kontakt in der gesamten Familie. Das liegt zum Teil sicher an unserer Disziplin, es ist aber auch ein Glück, dass es funktioniert. So etwas kann man nicht erzwingen.

Was man von Kindern lernen kann

Auf die Krankheit unserer jüngsten Tochter Nova, sie ist jetzt 8, werde ich oft angesprochen. Sie hat Rheuma, aber sie würde sich selbst nicht als krank definieren. Das können wir Erwachsene von Kindern lernen: Sie machen sich keine Sorgen über die Zukunft, sie leben im Jetzt. Meine Tochter sagt: „Mit geht es gut, ich bin nicht krank.“ Wir hatten das große Glück, dass das Rheuma bei ihr früh diagnostiziert wurde. Da war sie erst zwei Jahre alt. Und je früher man es feststellt, desto besser kann man es behandeln. Nova ist medikamentös super eingestellt und hat keine Symptome.

Das Wichtigste, das man seinen Kindern mitgeben kann, ist, glaube ich, soziale Kompetenz. Es ist wichtig zu sagen: Wir funktionieren gemeinsam nur, wenn wir uns wirklich respektieren, Interesse aneinander haben, wenn wir uns austauschen. Das versuche ich meinen Kindern mitzugeben: weltoffen zu sein, Interesse aneinander zu haben und auch zu sehen, dass es Menschen gibt, denen es schlechter geht als einem selbst. Für die sollte man da sein und so die Welt tatsächlich, wie schon Erich Kästner sagte, „jeden Tag ein bisschen besser machen“.

Weihnachten, das ist für mich tatsächlich das Fest der Familie und der Liebe. Für meine Kinder gilt das fast noch mehr als für uns Erwachsene. Sie fordern die Tradition ein: Christbaum, Kirche, gemeinsames Essen und Singen, das kommt ja von ihnen. Ich könnte mir auch vorstellen, Weihnachten unter der Palme zu liegen, für die Kinder ist das unvorstellbar.

Silvester einmal ganz privat

Die Silvestershow durfte ich in den letzten Jahren immer live machen – zweimal in Graz, einmal in Linz. Dieses Jahr haben wir uns entscheiden, eine Aufzeichnung zu machen, weil viele Künstler zu Weihnachten und Neujahr nicht arbeiten. Anders als in den vergangenen Jahren arbeite ich heuer zu Silvester also erstmals nicht. Ich plane auch gar nichts: Entweder kommen Freunde, oder wir gehen zu Freunden oder wir fahren noch in den Urlaub.

Ich habe auch keine guten Vorsätze für das neue Jahr. Aber ich sammle seit Jahren die guten Vorsätze von Freunden. Ich rufe sie im Dezember immer an und frage wie, was sie im nächsten Jahr anders machen wollen. Da kommen immer dieselben Dinge wie „mehr Sport“ und „weniger Essen“. Ich notiere mir das immer, dann rufe ich im Februar an und frage, was daraus geworden ist. Zu 95 Prozent ist alles beim Alten geblieben. Deshalb fasse ich keine guten Vorsätze.