Wer weiß schon so genau, auf wie vielen Urlaubsfotos fremder Menschen er als Bildhintergrund bereits verewigt ist und wie viele Fotos davon irgendwo in sozialen Netzwerken herumgeistern? Die Frage, ob und wie man sich dagegen wehren kann, ständig ungefragt von fremden Menschen fotografiert zu werden, wird im digitalen Zeitalter immer drängender.

„Der rechtliche Rahmen und die praktische Umsetzung sind allerdings sicher zwei paar Schuhe“, sagt der Grazer Rechtsanwalt Stefan Schoeller und verweist zunächst auf den Bildnisschutz nach Paragraf 78 des Urheberrechtsgesetzes, der einen effektiven Schutz gegen die Veröffentlichung und Verbreitung von Fotos biete, wenn man darauf bloßgestellt wird. „Das lästige Anfertigen des Lichtbildes am Pool oder Badestrand ist damit aber noch nicht zu untersagen“, fügt er hinzu.

Was sagt das ABGB?

Hilfe gegen lästige Hobby-Fotografen könnte auch das Persönlichkeitsrecht gemäß Paragraf 16 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB) bieten. Schoeller: „Dieser Paragraf stammt aus dem Jahre 1812 und sieht seit damals vor, dass jedermann angeborene, von der Vernunft her einleuchtende Rechte hat. Meines Erachtens ist in den beschriebenen Fällen ein Eingriff in die Privatsphäre des Abgelichteten gegeben, gegen den man sich zur Wehr setzen kann.“ Der oberste Gerichtshof habe in seinen einzigen bisher zu diesem Thema ergangenen Entscheidungen festgestellt, dass das Recht am eigenen Bild als Persönlichkeitsrecht auch dann verletzt werden kann, wenn Bilder einer Person in der Öffentlichkeit zugänglichen Bereichen ohne Verbreitungsabsicht gemacht werden. Grundlage der Entscheidung sei auch hier das Persönlichkeitsrecht nach dem ABGB gewesen.

Im Streitfall kommt es freilich immer darauf an, ob der Abgebildete auf der Aufnahme auch tatsächlich zu identifizieren ist. „Je weniger deutlich dies der Fall ist, umso geringer ist die Beeinträchtigung“, sagt Schoeller und fügt hinzu: „Ist der Abgebildete überhaupt nicht mehr zu identifizieren- wie dies etwa bei Urlaubsfotos der Fall sein wird, wenn man nur unscharf im Hintergrund auftaucht - scheidet daher eine Persönlichkeitsrechtsverletzung in der Regel jedenfalls dann aus, wenn der Abgebildete nicht den Eindruck erhält, dass er gezielt fotografiert wird.“  Die Schlussfolgerung, die sich daraus ergibt: „ABGB und Urheberrechtsgesetz bieten ausreichend Möglichkeit, sich sowohl gegen die Ablichtung an sich zur Wehr zu setzen als auch eine Veröffentlichung und Verbreitung der Fotos zu unterbinden.“

Und wie sieht die Praxis aus?

Abseits der rechtlichen Theorie ist die praktische Umsetzung freilich viel schwieriger. An einem österreichischen Badesee wird man sich mit dem Hinweis auf die Rechtslage vergleichsweise leicht tun, den jeweiligen Fotografen aufzufordern, einen anderen Bildausschnitt zu verwenden; bei Urlauben im Ausland, wo die Rechtsdurchsetzung und die Schutzregeln nicht so effektiv und eindeutig sind, sieht die Sache aber wohl anders aus. „Im Klartext heißt das, dass ich mich als Bikini-Modell auf Hunderten chinesischen und russischen Fotos in einem thailändischen Pool wohl schwer zur Wehr setzen kann, wenn ich keine Anknüpfung nach Österreich finde“, sagt der Jurist.

Wenn der Reiseveranstalter haftet

Ein solcher Anknüpfungspunkt könnte nach Ansicht Schoellers die Haftung des Reiseveranstalters für Mängel am Urlaubsort sein. „In analoger Heranziehung der umfangreichen Literatur und Judikatur zur Haftung des Reiseveranstalters, etwa in Fällen entgangener Urlaubsfreude, wird hier in Zukunft vom Obersten Gerichtshof in einem Musterprozess zu klären sein, inwieweit bei ständiger Rechtsverletzung und nach dokumentierten Beschwerden beim Hotelier ein Entschädigungsanspruch gegenüber dem jeweiligen Reiseveranstalter besteht. In konsequenter Weiterentwicklung und unter Berücksichtigung der technischen Entwicklung der sozialen Netzwerke in den nächsten Jahren besteht hier meines Erachtens eine gute Chance, einen derartigen Anspruch gerichtlich durchzusetzen.“ Diesbezüglich werde allerdings juristisches Neuland betreten, weshalb ein Musterprozess aus Verbrauchersicht wohl höchst wünschenswert wäre, betont der Jurist.