Es gibt keinen Platz auf der Welt, wo einem dieser Tage leichter Beeren aufgebunden werden können als auf der weltgrößten Obst- und Gemüsemesse Fruit Logistica in Berlin. Der Trend zu mehr Beeren im Regal ist aber nur einer von vielen, die beim Rundgang durch die 26 riesigen Hallen mit Tausenden Ausstellern aus aller Welt auszumachen sind.

Neben dem Trend zu kleineren Frucht- und Verpackungsgrößen und der steigenden Technologisierung fällt auf, dass der aktuelle Übertrend „plastikfreie Verpackung“ stark mit einem zweiten globalen Trend – „Convenience“ (oft in Plastik verpacktes, zugeschnittenes Essen zum Mitnehmen) – kollidiert. Beides werde voranschreiten, sagt Fritz Rauer, Obmann der Gemüsebauern. „Das Ziel muss aber immer sein: Heute auf dem Feld, morgen im Regal.“

Als „wichtigsten Trend“ erachtet Manfred Hohensinner vom Obst- und Gemüsevermarkter Frutura aber, „dass mehr Obst und Gemüse zu essen weltweit im Trend liegt. Das eröffnet uns enorme Chancen.“

Plastikfreie Netze aus aus Buchenholz-Fasern (hergestellt bei Lenzing in Österreich) sorgen derzeit weltweit für Furore
Plastikfreie Netze aus aus Buchenholz-Fasern (hergestellt bei Lenzing in Österreich) sorgen derzeit weltweit für Furore © Lenzing (c) Christian Herzenberger

Trend 1: Plastikfrei

Der Wald ist das neue Plastik. Pappkartons statt Plastikschalen, Zellulosefasern statt Plastiknetzen sowie biobasierte Folien: „Der Trend zu plastikfreier Verpackung ist enorm und unaufhaltbar“, lautet ein zentrales Fazit der 80.000 Besucher der weltgrößten Obst- und Gemüsemesse. „In diesem Fall ist der Markt zu uns gekommen, ganze Handelsriesen stellen auf unsere Produkte um“, sagt Roland Arbesleitner vom Faserhersteller Lenzing. Sein Unternehmen stellt eine im Kompost abbaubare Faser aus Buchenholz her, aus der Netze für Zwiebeln & Co. werden. 2018 habe sich der Absatz vervielfacht. 

Der Convenience-Trend kollidiert noch oft mit dem Plastikfrei-Gedanken
Der Convenience-Trend kollidiert noch oft mit dem Plastikfrei-Gedanken © Dunst

Trend 2: Convenience

Das Essen aus der Tube. Gehackte Zwiebeln aus der Tube, geschälte Früchte im Becher oder Steirerkren-Wasabi im Glas: „Der Convenience-Trend“, bei dem Obst und Gemüse in Snack-Form zum schnellen Verzehr oder zum vereinfachten Kochen angeboten werden, „ist ungebrochen“, sagt Österreichs Gemüse-Obmann Fritz Rauer. Das Problem: In vielen Fällen kollidiert der Trend mit dem Plastikfrei-Gedanken. „Bei Produkten wie Salaten, wo Feuchtigkeit vorhanden ist, fehlt es noch an tauglichen Bio-Verpackungen“, so Rauer. Zwar gibt es bereits biobasierte Folien, diese seien aber noch nicht kompostierbar.

Trend 3: Bio

Biologisch umbaubar. Der Absatz von biologisch produziertem Obst und Gemüse ist weltweit im Steigen, in Mittel- und Nordeuropa jedoch deutlich stärker als in Spanien oder Südamerika. Im heimischen Handel konnte der Umsatz mit Bio-Lebensmitteln seit 2013 um 50 Prozent auf 542 Millionen Euro gesteigert werden. In Österreich werden schon 25 Prozent der Agrarflächen biologisch bewirtschaftet, die Steiermark ist europaweit bereits der drittgrößte Bio-Apfelproduzent. Als wichtiger Abnehmer erweist sich die Babynahrungsindustrie, die zusehends komplett auf Bio-Rohstoffe umstellt.

Trend 4: Down-Sizing

Klein, aber oho: Der Siegeszug der kleinen Cocktail-Tomaten hat einen globalen Trend zur Produkt-Verkleinerung eingeleitet. Babykarotten sind heute ebenso im Supermarkt zu finden wie Miniäpfel oder kleine Salatherzen. Hintergrund: Je größer das Obst und Gemüse, desto höher ist meistens der Wassergehalt; je kleiner, desto mehr Geschmack wird den Produkten zugeschrieben. Eine Folge davon ist auch der aktuelle Himbeer- und Heidelbeerboom. Nicht nur Produkte werden kleiner, oft auch die Packungsgrößen. Vier Snack-Äpfel in Kartonschachteln ersetzen zusehends kiloschwere Säcke.

Pink Lady Äpfel auf der Fruit Logistica
Pink Lady Äpfel auf der Fruit Logistica © Messe Berlin (c) Volkmar Otto

Trend 5: Clubsorten

Auf den Spuren einer pinken Lady: Im umkämpften Apfelbereich sind „Clubsorten“ großes Thema, seit die berühmteste Vertreterin „Pink Lady“ weltweit die Obstregale erobert hat. Nur wer beim „Pink Lady Club“ ist, darf die betreffende Sorte Cripps Pink anbauen – in diesem Fall sind das Lizenz-Produzenten in Italien, Frankreich, Spanien und Übersee. Und nicht die Österreicher, die angesichts der höheren Erlöse der Pink-Lady-Kollegen immer wieder eine Aufnahme in diesen erlauchten Kreis anstrengen. In der Zwischenzeit versucht man mit anderen Clubsorten wie „Evelina“ oder „Rockit“ auf den pinken Erfolgszug aufzuspringen.

Gemüse wächst heutzutage schon häufig in Nährlösungen statt auf Erde
Gemüse wächst heutzutage schon häufig in Nährlösungen statt auf Erde © Messe Berlin (c) Felix Mueller

Trend 6: Technologisierung

Salate, die auf Säulen wachsen: Nicht nur in der Erntelogistik und Weiterverarbeitung von Obst und Gemüse spielt die Technologisierung bis hin zu Pflück-Robotern und Laser-Sortieranlagen eine immer größere Rolle, sondern auch im Anbau: In Großstädten der USA und Asiens entstehen derzeit beleuchtete Gewächshaus-Türme („vertikale Landwirtschaft“), in denen Gemüse, Obst oder Pilze mehrstöckig übereinanderwachsen. Statt Erde gibt’s hier meist Nährlösungen. Diese Entwicklung ist aber nicht unumstritten, da diese Produktion meist von Bauern- in Industriehand übergeht.